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Symposium Als in Niedergörne die Kirche fiel

Im Januar 1976 erfolgte die Sprengung der Kirche zu Niedergörne. Am 24. September erinnert ein Symposium in Altenzaun daran.

Von Doreen Schulze 04.09.2016, 01:01

Altenzaun/Niedergörne l Im 40. Jahr nach der Sprengung der romanischen Dorfkirche Niedergörne erinnert ein Symposium an die Geschehnisse jener Zeit. Am Sonnabend, 24. September, lädt Hans-Peter Bodenstein gemeinsam mit Horst Ruhbaum zu dieser Veranstaltung ein. Sie beginnt um 10 Uhr bei der Familie Ruhbaum in Altenzaun, York-Straße 14.

Mehrere Referenten erinnern an diesem Tag an die Niedergörner Kirche. Es erfolgt unter anderem eine architektonische Analyse des sakralen Bauwerks. Außerdem wird über den Verbleib der ehemaligen Kirchenausstattung gesprochen. Eine Tagungsgebühr von fünf Euro fällt an.

Am 1. Oktober 1975 begannen die Abbrucharbeiten des Dorfes Niedergörne, das den Plänen eines Kernkraftwerkes wich. Die rund 120 Einwohner wurden umgesiedelt. Die Wohnhäuser, eine Verkaufsstelle, eine Schmiede und eine Bushaltestelle samt Wartehäuschen wurden abgerissen, die Grabstellen des Niedergörner Friedhofs umgebettet. Im ersten Quartal 1976 musste schließlich auch die rund 800 Jahre alte Kirche, ein Backsteinbau aus dem 12. Jahrhundert (die beiden unteren Turmgeschosse waren aus Feldstein), weichen. Der Arneburger Helmut Fleischhauer, der in Niedergörne aufgewachsen ist, erinnert sich im Volksstimme-Gespräch genau an den Tag der Kirchensprengung. „Die ganze Kirche hat sich erst einen halben Meter gehoben und ist dann in einer roten Staubwolke in sich zusammengebrochen.“

Laut Aufzeichnungen wurde das Obergeschoss des Turmes im 15. Jahrhundert erneuert. Von 1713 bis 1741 erfolgten größere Reparaturmaßnahmen. In der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts wurde das Innere der Kirche instand gesetzt. Die Niedergörner Kirche gehörte zu den wenigen in der Altmark, die ein Gratkuppelgewölbe aufweisen.

Hermdieter Möhring war von 1960 bis 2000 Pfarrer des Pfarrbereichs Hohenberg-Krusemark. Er betreute in dieser Funktion bis zur Auflösung des Dorfes auch die Kirchengemeinde Niedergörne. Alle 14 Tage richtet er dort den Gottesdienst aus, stets im Wechsel mit Dalchau. Er erlebte auch die Vorbereitungen zur Sprengung der Kirche und weiß, wo die Schätze des Niedergörner Gotteshauses - Wappen, Glocke, Orgel und weitere historische Gegenstände - heute zu finden sind.

Schon zu Jahresbeginn 1975 erfolgten erste Maßnahmen, die wertvollen Gegenstände der Kirche in anderen Kirchengemeinden unterzubringen, so Möhring. Am 19. Februar 1975 wurde die Orgel ausgebaut und in einen Ort des Pfarrbereichs Nebelin in der Prignitz gebracht. Der Kontakt kam durch die Niedergörner Organistin zustande. „Frau Friebes Bruder war Pfarrer in Nebelin. Dort wurde eine Orgel gebraucht“, schilderte Möhring.

Der letzte Gottesdienst in Niedergörne fand am 17. August 1975 statt. Keine vier Wochen später wurde die Glocke aus dem Turm geholt. Die Bronzeglocke in Tulpenform wies eine Inschrift in gotischen Minuskeln auf, umsäumt von einem Lilienfries. Möhring maß damals die Glocke aus. Ursprünglich sollte sie in ein Dorf in der Wische gebracht werden. „Aber sie passte dort nicht zwischen die Balken“, erzählte der Plätzer. Schließlich wurde die Glocke am 10. September 1975 fortgeschafft. „Ich glaube, sie kam nach Erxleben. Ich bin mir aber nicht hundertprozentig sicher“, berichtete Möhring.

Die Reste eines 1973 im Kirchturm gefundenen Barockaltars kamen in die Krusemarker Kirche, ebenso der Abendmahlskelch. Weil sich dort die Pfarrstelle befand, kamen auch die Kirchenbücher, ab 1697 sind Aufzeichnungen vorhanden, nach Krusemark. Auch in der Kirche St. Georg in Arneburg hängt ein Relikt aus Niedergörne. Es handelt sich dabei um ein Allianzwappen von 1755 anlässlich der Eheschließung von Adam Friedrich Christoph von Görne mit Maria Luise Charlotte Wolldeck aus Arneburg. „Aufgrund der Anfrage des damaligen Arneburger Pfarrers Haase kam dieses Wappen nach Arneburg“, erläuterte Möhring.

Anmeldungen zum Symposium nimmt Hans-Peter Bodenstein, Am Schillerhain 5, 39615 Seehausen, postalisch entgegen.