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Theater der Altmark Ein Soldat wird König aller Franken

Für die Wiederaufnahme des Open-Air-Spektakels „Ritter Roland“ am 2. Juni in Stendal wird derzeit fleißig geprobt.

Von Donald Lyko 12.05.2017, 03:00

Stendal l Die Sarazenen sind besiegt. Frankenkönig Karl der Große verkündet das Ende des Kampfes, seine Mannen jubeln und feiern. Ritter Roland bittet seinen königlichen Onkel um die Hand von Kunigunde – und gemeinsam soll es zurück in deren Heimat Stendal gehen.

So lässt sich ganz knapp das beschreiben, was Cordula Jung und Robert Grzywotz an diesem Mittwochabend mit dem „Roland“-Ensemble proben. Für Schauspieler Andreas Müller bekanntes Terrain, denn schon bei der Uraufführung im Jahr 2014 hatte er die Titelfigur gespielt. Neu an seiner Seite agieren bei der Wiederaufnahme Michaela Fent als Kunigunde und Robert Speidel als Till Eulenspiegel. Auch sie sind an diesem Abend auf der Probebühne mit dabei, spielen im Kreis des großen Ensembles.

So wie Hannes Rühlmann. Er hat in den drei Jahren seit der Erstaufführung wohl die steilste Karriere gemacht: vom Hellebardenträger zum König aller Franken, vom Statisten ohne Text hin zu einer der Hauptrollen. Und dabei war er 2014 ganz spontan zum „Roland“-Ensemble gekommen. Als die Proben schon liefen, war per Zeitungsannonce noch nach einem Hellebardenträger gesucht worden. „Es war die letzte Rolle, die besetzt werden musste“, erinnert sich der heute 60-Jährige, der wenige Jahre zuvor in seine altmärkische Heimat Stendal zurückgezogen war. Er stellte sich im Theater vor, wurde genommen und stieg fast zum Probenschluss ein.

„Ich hatte keinen Text, konnte dafür improvisieren. Das hat mir den Einstieg leichter gemacht“, sagt Hannes Rühlmann. Er war sofort begeistert, von den Proben und von den Aufführungen. Man könnte es so sagen: Er hat Blut geleckt – und blieb der Bühne treu. Nach dem Open-Air-Spektakel wollte ihn der Theaterchor in seine Reihen holen, doch nach einem Reinschnuppern bei den „Junggebliebenen Altmärkern“ entschied er sich für diesen Spielklub. Hannes Rühlmann übernahm schon wenig später Hauptrollen in den Inszenierungen „Sein oder Nichtsein“ und „Wie im Himmel“.

Und hat damit offensichtlich überzeugt, denn nun spielt er in „Ritter Roland“ Karl den Großen, vor drei Jahren noch mit einem gestandenen Schauspieler besetzt. Anfangs etwas im Zweifel, ob er diese großen Sprechrollen bewältigt, gibt sich der 60-Jährige heute ganz selbstbewusst: „Ich bin da reingewachsen. Und jetzt macht es mir richtig viel Spaß.“

Theater, das habe ihn schon immer interessiert, nach einigen Auftritten in Schülertagen aber mehr als Zuschauer, auch in den Jahren, als er beruflich viel in Deutschland unterwegs war. Und dabei hat er doch so etwas wie ein Theater-Gen im Blut, „denn meine Mutter stand schon vor 65 Jahren als Laiendarstellerin auf der Bühne“.

Trotz der Erfahrungen der bisherigen Inszenierungen ist „Ritter Roland“ noch mal etwas anderes: „Neu für mich ist das direkte Zusammenspiel mit den Profis“, sagt Hannes Rühlmann, „das ist eine ganz andere Herausforderung.“ Eine, die ihn eher motiviert als abschreckt. Auch, weil er von Dramaturgen, Theaterpä­dagogen und Schauspielern viel Unterstützung bekommt.

Und wie gefällt ihm „Ritter Roland“ insgesamt? „Als Stendaler sieht man es schon als etwas Besonderes. Es schwingt ein Stück Stolz mit, wenn wir sagen: Das ist unser Roland.“ Das Besondere macht für ihn auch aus, „dass alle mit Herz und Seele dabei sind“.

Worte, die auf Gustav Voß auf jeden Fall zutreffen. Der 71-jährige Stendaler, der als Bass im Altmark-Ensemble singt, gehörte ebenfalls schon 2014 zum Ensemble – als Soldat im Frankenheer, so wie jetzt wieder. Schon bei den ersten Proben vor drei Jahren sei er „hin und weg gewesen“, erzählt er. Klar, dass er gleich begeistert war, als die Wiederaufnahme angekündigt wurde. „Es ist eine großartige, eine wundervolle Geschichte, die stolz auf unsere Stadt macht“, lobt Gustav Voß die „klugen und witzigen Texte“ von Aud Merkel und die Musik von Jacob Brenner und vom jetzigen musikalischen Leiter Andreas Dziuk, der einige neue Stücke beigesteuert hat.

„Ich bin stolz darauf, in dem Stück mitwirken zu können“, versichert der 70-Jährige. Es bereite ihm „im Herzen sehr viel Freude“. Nicht nur bei den Proben bereitet er sich darum auf seine Soldatenrolle vor, sondern auch mit „körperlichem Einsatz“: Er lässt sich einen Bart wachsen, wie er bei den Franken damals üblich war.