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Traumfabrik Träumen im Klassenraum erlaubt

In die Stendaler Traumfabrik luden Theater der Altmark, Winckelmann- und Hildebrand-Gymnasium sowie die Berufsschule ein.

Von Thomas Pusch 08.05.2017, 01:01

Stendal l Die Berufsbildenden Schulen II sind keine Fabrik. Höchstens könnte man sie als Denkfabrik bezeichnen. Am Sonnabend allerdings wurden sie zur Traumfabrik. So hatte das Theater der Altmark das Projekt überschrieben, das zusammen mit der Berufsschule und den Gymnasien Hildebrand und Winckelmann entstand. Im Haus 2 wurden die Ergebnisse gezeigt, die ein ums andere Mal zum Träumen verleiteten, aber auch so manchen Albtraum beschrieben.

Der Flur ist voll um kurz vor 12 Uhr. Noch haben die verschiedenen Stationen der Traumfabrik nicht begonnen zu arbeiten. Gespannte Stille, aufgeregte Spannung bei den insgesamt rund 130 Akteuren. Dann öffnen sich die ersten Türen. In Station 1 wird ein Stück in zwei Szenen gezeigt, das „Neues Stendal“ heißt. Das alte Stendal soll darin plattgemacht werden, einem riesigen Einkaufszentrum und einem überdimensionalen Freizeitpark weichen. Der Marktplatz wird ab- und im Heimatmuseum wiederaufgebaut. Doch es gibt Protest, klar gebe es verbesserungswürdige Dinge in Stendal, dennoch sollte nicht die ganze Stadt aufgegeben werden.

Leitung für dieses Projekt und künstlerische Gesamtleitung hatte Ulrich Thon. Die Aussage von „Neues Stendal“ hält er für recht repräsentativ. „Es gibt auf jeden Fall eine Identifikation mit der Stadt“, hat er festgestellt. Es sollten Träume zu Stendal entwickelt werden, ob szenische Darstellungen, Bilder oder auch Collagen. „Ich war sehr erstaunt, wieviele Ideen zusammengekommen sind, ob nun eher sachlich oder fantasievoll“, schwärmt er.

Sachlich sind Berufsschüler mit einer Befragung vorgegangen – und dabei zu einem überraschenden Ergebnis gekommen. „88 Prozent der Befragten waren unter 35 Jahren und die Mehrheit ist zufrieden mit dem Leben in der Altmark“, fasst Francis Böttcher zusammen. Fantasie hat bei der Entstehung des Theaterstücks „Verzaubertes Stendal“ eine große Rolle gespielt. „Wir haben einen Spaziergang durch die Stadt gemacht und die schönsten Orte fotografiert“, erklärt Leiterin Claudia Tost. Herausgekommen ist eine beeindruckende Reise in die Stadt hinter der Stadt.

Wenn es um Lücken in Stendal geht, wird immer wieder ein fehlendes Freibad angesprochen. Diese Diskussion hat die Gruppe „Synchronschwimmer“ aufgegriffen und zeigt auf humorvolle Art, wie toll es doch in einem Stendaler Freibad sein könnte, weißer Hai und Baywatch inklusive.

Nachdenklich geht es im Projekt „Hoffnung“ zu, das mehrere Vorstellungen am kleinen See auf dem Berufsschulgelände hat. Es geht um die dunkle Seite der Träume, die Ängste, Sorgen und Erinnerungen. „Wir müssen uns um die Leute kümmern, die abzurutschen drohen, dürfen ihnen nicht nur mit unseren Vorurteilen begegnen“, fordert Annemarie Zastrau. Sie selbst habe auch schon Menschen kennengelernt, die durch ein Ereignis in ihrem Leben den Halt verloren haben.

Impulsgeberin für die Traumfabrik war TdA-Chefdramaturgin Cordula Jung. Angelehnt an das Motto der laufenden Spielzeit schwebte ihr vor, mit verschiedenen Schulen etwas zum Thema „Träume“ auf die Beine zu stellen. Der mit 80 000 Euro dotierte Theaterpreis bot dann den Anstoß. „Auf der einen Seite ist immer das Negativbild von Stendal im Umlauf, auf der anderen Seite gibt es ganz viele Ideen, was man in dieser Stadt tun kann, das sollte zusammengebracht werden“, erklärt sie.

Mit Feuereifer waren Theaterschaffende, Lehrer und Schüler seit September dabei, sich einiges einfallen zu lassen. „Sehr positiv war, dass die Traumfabrik in den Unterricht eingebunden wurde und nicht irgendwann am Nachmittag stattfand“, ergänzt Jung. Zunächst einmal wird die Traumfabrik wohl einmalig bleiben. „So ein großes Projekt können wir nicht jede Spielzeit auf die Beine stellen“, ist Jung realistisch. Dass verschiedene Ideen aber weiterentwickelt werden, das hält sie für möglich.