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Nominiert Eine Heldin des Alltags

Seit einem Jahr ist Thomas Rösicke gelähmt. Seine Frau Janine unterstützt ihn. Dafür ist die Stendalerin für einen Preis nominiert.

Von Antonius Wollmann 04.08.2016, 01:01

Stendal l Janine Rösicke ist bescheiden. Damit, dass sie von der Hamburger Zeitschrift „Auf einen Blick“ für den Preis „Heldin des Alltags“ nominiert wird, hätte sie nicht gerechnet. Es ist ihr sogar ein wenig unangenehm. Für sie steht fest: „Was ich für meinen Mann gemacht habe und mache, ist doch selbstverständlich.“ Dabei kann ihre Leistung fast gar nicht hoch genug eingeschätzt werden. Seit mehr als einem Jahr ist ihr Mann nach einem tragischen Unfall querschnittsgelähmt. Er verunglückte während seiner täglichen Rennradrunde. Zusammen akzeptierten sie das Schicksal und halfen sich gegenseitig, ihr neues Leben so gut wie möglich gestalten. „Ohne meine Frau hätte ich das alles nicht geschafft“, sagt Thomas Rösicke.

Sechs Wochen verbringt Thomas Rösicke nach dem Unfall zunächst auf der Intensivstation eines Berliner Krankenhauses. Im November des vergangenen Jahres beginnt die Rehabilitation im brandenburgischen Beelitz-Heilstätten. Fast jede freie Minute verbringt Janine Rösicke bei ihrem Mann im Krankenhaus und in der Reha-Klinik. Für die junge Frau eine seelische Belastung: „Es war eine extrem anstrengende Zeit. Jedes Wochenende nach Beelitz zu fahren, tat ab einem bestimmten Zeitpunkt nicht mehr gut. Wir sind beide froh, dass wir wieder zusammen in Stendal wohnen“, sagt die 25-Jährige.

Doch ist die Rückkehr natürlich mit einem großen Aufwand verbunden. Zwar wollen die beiden sich so viel Normalität wie möglich erhalten, jedoch stoßen sie dabei zwangsläufig an Grenzen. Ihr Haus muss beispielsweise behindertengerecht umgebaut werden. Die Bäder werden fast komplett ausgetauscht. Auch Carport und Hof gestalten sie nach den neuen Anforderungen um. Dieser Tage wird nun endlich der Aufzug installiert, die wichtigsten Umbauten sind damit abgeschlossen. Knapp 100 000 Euro kostete die notwendigen Maßnahmen.

Für die Rösickes ist der Abschluss der Umrüstungen ein Signal, dass es vorangeht. Mittlerweile ist Thomas Rösicke sogar wieder in seinen Job als Servicetechniker zurückgekehrt. Vier Tage pro Woche arbeitet er acht Stunden im Innendienst seiner Firma. Zur Arbeit nach Brunkau nimmt ihn ein Kollege mit, nach Hause geht es mit dem Fahrdienst. Allerdings nicht mehr lange. Während seiner Rehabilitation hat Thomas Rösicke seinen Führerschein gemacht. Wenn sein Auto im Herbst umgerüstet ist, wird er wieder selbstständig den Weg zurücklegen können. Ein weiterer Schritt hin zu mehr Unabhängigkeit.

Seiner großen Leidenschaft, dem Sport, widmet sich Thomas Rösicke ebenfalls wieder intensiv. Mit einem Handbike möchte er im September am Berlin-Marathon teilnehmen. Seine Frau begleitet ihn beim Training auf dem Rennrad.

Nach dem Schicksalsschlag ist also so etwas wie ein geregelter Alltag eingekehrt. Allerdings räumt Janine Rösicke ein, dass das neue Leben alles andere als einfach ist. „Den guten Tagen folgen immer wieder auch schlechte. Manche Wochen sind wirklich sehr anstrengend und zehren an unseren Nerven.“

Vor allem ihre Freundin Christin helfe ihr dabei, die dunklen Stunden zu überstehen. „Zwischen uns hat sich eine ganz besondere Freundschaft aufgebaut. Wenn es mir schlecht geht, verzichtet sie darauf, mir Ratschläge zu geben. Stattdessen setzt sie sich zu mir und weint mit mir. Das hilft ungemein.“

Auch wenn sie sich im ersten Moment über die Nominierung für den Preis „Heldin des Alltags“ verwundert zeigte, über die Anerkennung für all den Aufwand freut sich Janine Rösicke dennoch.