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Verurteilung „Ohne Therapie tickende Zeitbombe“

Das Amtsgericht hat am Dienstag einen 28-jährigen Osterburger zu zwei Jahren und neun Monaten Gefängnis verurteilt.

Von Wolfgang Biermann 14.12.2016, 23:01

Stendal l Nicht nur die Haftstrafe als solche kommt auf den 28-Jährigen zu: Außerdem hat das Schöffengericht unter Vorsitz von Richter Thomas Schulz für den mehrfach, unter anderem wegen schwerer Gewaltdelikte, vorbestraften Angeklagten die Unterbringung im Maßregelvollzug zur Suchttherapie angeordnet. Die Richter sahen es nach Aussage von vier Zeugen und einem Teilgeständnis des Angeklagten als erwiesen an, dass er nur kurze Zeit nach Verbüßen einer vierjährigen Haftstrafe einem zur Tatzeit 17-Jährigen bei einer „Party“, wie sie nach Aussage der Zeugen und auch des Angeklagten nahezu täglich stattfanden, am 1. März Drogen (Cannabis und Amphetamine) abgegeben hat.

In derselben Nacht wurde er durch die Polizei in Osterburg kontrolliert. Die Beamten nahmen ihn nach dem Fund von Drogen in geringer Menge kurzzeitig fest, ließen ihn aber wieder laufen. Aus Verärgerung über den 17-Jährigen, dessen Alter er angeblich nicht kannte, bedrohte der Angeklagte diesen bei der Fortsetzung der Party am 2. März laut Urteil mit „Waterboarding, Fingerkuppenabschneiden und anderen Nettigkeiten“. Er zwang ihn, einen Drogencocktail zu konsumieren, der sich angeblich aus Cannabis, Amphetamin, Heroin und Crystal Meth zusammensetzte. Zuvor hatte der 17-Jährige dem 28-Jährigen eher unfreiwillig sein Handy überlassen müssen, was ihm das Gericht als Diebstahl zurechnete.

Am 21. März verabredete sich der Angeklagte mit einem weiteren Kumpel dazu, einen anderen aus seiner Clique in einen Hinterhalt zu locken und gemeinsam zu verprügeln. Das Motiv soll Rache gewesen sein, weil der Verprügelte ihn bei der Polizei wegen einer anderen Straftat angeschwärzt haben soll. Schließlich betätigte sich der Angeklagte am 29. April als Schuldeneintreiber und stahl einem Ex-Osterburger 50 Euro aus der Geldbörse.

Gerichtspsychiater Dr. Egbert Held sah keinerlei Einschränkungen in der Steuerungsfähigkeit beim Angeklagten. Er diagnostizierte bei ihm neben einer ausgeprägten Suchtabhängigkeit (Alkohol und Rauschgift) auch eine Persönlichkeitsstörung. Gleichwohl empfahl Held dem Gericht „volle Schuldfähigkeit anzunehmen“.

Nach eigenen Angaben konsumiert er seit dem zwölften Lebensjahr Alkohol und nimmt Rauschgift. Schon einmal war er im Maßregelvollzug, allerdings erfolglos. Jetzt gab er sich therapiewillig.

„Ohne Therapie ist der Angeklagte wie eine tickende Zeitbombe“, sagte Richter Schulz in der Urteilsbegründung. Der Angeklagte nahm das Urteil sofort an.