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Weberstraße Kein Trost in Sachen Pflaster

Anwohner der Weberstraße in Stendal wünschen sich Asphalt statt Pflaster. Die Stadt schmettert das ab - wegen des Denkmalschutzes.

Von Nora Knappe 13.01.2017, 00:01

Stendal l „Vielen Dank für das konstruktive Gespräch“, sagte Georg-Wilhelm Westrum, Leiter des Amtes für Stadtumbau und Sanierung. „Das war doch ein Demokratiespielchen, nichts weiter“, sagte hingegen Wolfgang List. Und Franziska Peker meinte: „Ich bin enttäuscht.“ Die weiteren Reaktionen während und nach der Informationsveranstaltung für Anwohner der Weberstraße am Mittwochabend im Rathaus lassen sich so zusammenfassen: „Es wird so gemacht wie geplant“, ist die Position der Verwaltung – Unverständnis und Unzufriedenheit ist die der Anwohner. Einzig in einer Sache ist man sich einig: Die Weberstraße ist desolat, die daraus resultierende Geräuschbelästigung beeinträchtigt die Lebensqualität.

Etwa ein gutes Dutzend der 166 Weberstraßenanwohner war zu der Versammlung gekommen, auf der die bevorstehende Sanierung der Fahrbahn erklärt werden sollte. Heikler Punkt und Grund des Unmuts sowie Anlass für eine Petition ist der Straßenbelag. Das bisherige, Mitte der 90er verlegte Großpflaster soll durch Granitkleinpflaster ersetzt werden – so wie es auch in Hallstraße, rund um den Markt und im Birkenhagen liegt.

Aber genau das lässt den Anwohnern im wörtlichsten Sinne keine Ruhe: „Ich bin enttäuscht, dass wieder gepflastert werden soll“, sagte Wolfgang List. „Es rumpelt und die Wände wackeln, das wird doch nicht besser. Ist der Denkmalschutz denn höherwertiger als der Gesundheitsschutz?“ Reinhard Creutzburg unterstrich das: „Wir sind doch darauf aus, Lärm zu minimieren, was spricht denn gegen Asphalt wie in der Deichstraße?“

Argument der Verwaltung: Die Weberstraße liegt im Sanierungssatzungsgebiet Altstadt und „ist somit Bestandteil des historischen, baukulturellen Altstadtgefüges“. „Die Gestaltung muss immer im Einvernehmen mit denkmalpflegerischen Belangen erfolgen“, wiederholte Georg-Wilhelm Westrum an diesem Abend mehrfach. Die Anwohner befriedete diese Auskunft nicht. Franziska Peker im Gespräch mit der Volksstimme: „Wenn hier der Denkmalschutz in den Vordergrund gerückt wird, frage ich mich doch, warum der Erhalt der Bausubstanz der Häuser in der Weberstraße dabei keine Rolle spielt?“

Die Bitte der Petitionäre, eine Asphaltierung in Betracht zu ziehen, scheint für die Stadt abgehakt. „Wir haben das fachlich intern beraten, auch im Einvernehmen mit dem Landesamt für Denkmalpflege, und es gibt keine Alternative“, sagte Hans-Jürgen Borstel von der städtischen Denkmalschutzbehörde, Asphalt könne nicht genehmigt werden. Stadtsprecher Klaus Ortmann präzisierte diesen Punkt gestern auf Volksstimme-Nachfrage: „Eine Vergleichbarkeit mit der neu ausgebauten Deichstraße ist nach Ansicht der Verwaltung nicht gegeben, weil die Deichstraße siedlungsspezifisch nicht die gleiche Bedeutung hat wie die Weberstraße. Der gesamte Straßenraum der Deichstraße hat in der Breite bei Weitem nicht die Ausmaße der Weberstraße. Insofern fällt Asphaltbelag auch nicht so ins Gewicht und fand bei dieser Straße auch die Zustimmung der Denkmalpflege.“

Stadträtin Anette Lenkeit (SPD/FDP/Piraten/Ortsteile) wollte wissen, was man tun könne, damit das neue Pflaster wenigstens nicht wiederum zu Lärmbelästigung führe. Westrum: „Vernünftig verbauen.“

In Goslar, der Weltkulturerbestadt mit Fachwerk-Altstadt, gehe das mit dem Asphalt doch aber auch, so der Einwand einiger Anwohner. „Goslar kann ich nicht kommentieren, das wird besondere Gründe haben“, reagierte Westrum.

Aus Goslar selbst antwortete auf Volksstimme-Anfrage Pressesprecherin Vanessa Nöhr: „Warum Goslar als Beispiel für Sanierungen mit Asphalt auf Pflasterstraßen angeführt wird, ist uns ein Rätsel. Die Stadt Goslar hat in den vergangenen 25 Jahren kein historisches Pflaster in der Altstadt mit Asphalt überbaut. Zwar gibt es in der Altstadt mehrere Straßen, bei denen genau das passiert ist, das liegt aber bereits mehrere Jahrzehnte zurück. Möglich wäre, dass eine Straße außerhalb der Altstadt gemeint ist.“

Zurück zur Weberstraße. Eine geänderte Verkehrsführung, sprich: die Weberstraße zur Einbahnstraße zu machen, komme nicht in Frage, war die Auskunft am Mittwochabend. Dies hätte Auswirkungen auf den Verkehr der Straßen ringsum. Eine Tempobegrenzung auf 20 km/h werde man „noch mal prüfen“, gab Westrum zu Protokoll. Der Vorschlag, die Straße für den Lkw-Durchgangsverkehr zu sperren, solle in die Vorlage mit aufgenommen werden.

Die Weberstraße ist als Nächstes Thema im Stadtentwicklungsausschuss am 18. Januar. Katrin Kunert aus der Fraktion Linke/Bündnisgrüne machte deutlich: „Es erstaunt mich schon, dass in der Vorlage nur eine Variante vorgeschlagen wird. Bis zum Stadtrat müssen da von Ihnen noch Hausaufgaben gemacht werden.“ Auf Kunerts Verwunderung, warum die Hinweise der Anwohner in der Vorlage keine Rolle spielen, gab Westrum zur Antwort: „Die Petition kam erst, als die Beschlussvorlage schon verschickt war.“