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Workshop Wenn Weide die Finger strapaziert

Weide bietet Material, um nützliche und schöne Dinge herzustellen. Das zeigte sich am Sonnabend in Buch.

Von Anke Hoffmeister 19.02.2018, 00:01

Buch l Im Bucher Umweltbildungszentrum sieht das anders aus. Hier gibt es seit vielen Jahren immer wieder Angebote an Workshops, die Wissen um altes Handwerk vermitteln. Seit dem vergangenen Jahr steht auch ein Weidenflechtkurs auf dem Programm. Geleitet wird dieser von Karin Feißel, die in der Börde zu Hause ist.

Am vergangenen Wochenende hatte sie gleich zwei Kurse zu absolvieren, da sich so viele Interessenten für diesen Workshop angemeldet hatten.

Am Sonnabend waren es ausschließlich Frauen aus Tangermünde, Stendal und den Dörfern, die der Workshopleiterin auf die Finger schauen wollten. Der Antrieb der Kursteilnehmerinnen: „ Ich möchte etwas Schönes für meinen Garten machen.“ „Ich hätte gern eine Rankhilfe.“ „Bei uns wachsen so viele Weiden, aus denen ich gern etwas bauen möchte.“ Aber auch Praktisches sollte entstehen.

Für all diese Ideen war Karin Feißel offen. Material wie Scheren, Strick, Draht und die unterschiedlichsten Weidenruten standen und lagen zur Verarbeitung bereit. Doch bevor es daran ging, die kreativen Wünsche eines jeden Einzelnen umzusetzen, wurde geübt. Eine daumenstarke Weidenrute wurde in etwa 30 Zentimeter lange Stücke gesägt. Dann ging es darum, mit einer vorgestellten Technik dieses Holz mit dünneren Weidenruten zu umwickeln und sogenannte „japanische Augen“ zu schaffen. Bereits bei dieser ersten, scheinbar simplen Aufgaben wurde klar, wieviel Kraft es in Daumen und allen anderen Fingern braucht, damit das Kunstwerk unter Spannung gewickelt und letztendlich auch durch einen ordentlichen Abschluss befestigt und zugleich elegant abgeschlossen werden kann. „Ihr müsst immer schön fest wickeln und das Ganze mit dem Daumen festhalten“, erklärte Karin Feißel den Frauen.

Im zweiten Schritt wurden Weidenruten mit stabileren Ästen aus der Fülle an Material gezogen. Die stabilen Seitenarme wurden so miteinander verbunden, dass sie die Form eines Blattes oder Herzes bekamen. Die so entstandene Fläche wurde mit den dünnen Ästen der Trauerweide ausgeflochten. Diese Arbeit hatte eher meditativen Charakter, denn hier stand weniger Fingerkraft und permanenter Druck auf das Weidenwerk im Mittelpunkt. Fleiß und Ausdauer waren gefragt und die Atmosphäre unter dem Dach der Ökoscheune wurde sehr ausgeglichen. Während die einen versunken in ihre Arbeit vor sich hin flochten, erzählten die anderen nebenbei von Haus und Garten, von Orten, an denen Weide zu finden ist.

Kurz vor der Mittagszeit wartete Karin Feißel mit der nächst größeren Herausforderung auf. Sie präsentierte die ersten Schritte zum Aufbau eines Bodens für einen Korb, eine Schale oder ein Gefäß, das einen festen Boden bekommen soll. Wieder ging es mit Astschere und dieses Mal auch scharfem Messer ans Werk. Gut erklärt machten sich die Frauen, die sich genau ein solches Ergebnis für den Tag zum Ziel gesetzt hatten, ans Werk.

Während die Grundlage dieses Weidenkorbbodens noch recht einfach anzulegen ist, erweist sich der darauf aufbauende Schritt als große Herausforderung. Zu dünne Äste, die das erste Rund bilden könnten, zeigen sich als zu wenig stabil. Dickere Ruten lassen sich schlechter biegen, brechen bei diesem Versuch und erfordern einen enormen Kraftaufwand beim Verarbeiten. Die Finger müssen halten, biegen und gleichzeitig weiter flechten. Das ist ungewohnt, schwierig, doch nicht unlösbar. Auch wenn die eine oder andere Rute noch einmal ersetzt werden muss, weil sie zerbricht oder einfach zu störrisch ist – mit Geduld, Selbstmotivation an die schmerzenden Finger und dem Ziel vor Augen gelingt es einigen Teilnehmerinnen, das gewünschte Objekt tatsächlich zu vollenden. Es entstehen Vogelhäuser und auch ein Körbchen.

„Es ist zwar nicht das Schönste, aber ein guter Anfang, um darauf aufbauen zu können“, sagte ein der Teilnehmerinnen. Auch wenn nicht ganz rund und mit etwas größeren Abständen zwischen den geflochtenen Ästen, durch die vielleicht ein Johannisbeere purzeln würde, so ist es doch ein Objekt, das erstmals aus Weiden ganz allein hergestellt wurde. Und wer ist nicht stolz auf sein erstes eigenes Produkt.

Im Übrigen wurden die Teilnehmerinnen sowohl am Mittag mit einer leckeren Suppe als auch am Nachmittag mit Kaffee und Kuchen bewirtet. Christa Drews, die seit vielen Jahren in der „Futterkrippe“ des Zönu kocht und backt, hatte für das kreative Wochenende die Vorbereitungen getroffen.