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Zuwanderer Nutria entdeckt Stendals Wasserseite

Eine Nutria (Biberratte) schwimmt im Stendaler Stadtgebiet umher und lässt Spaziergänger Kameras und Handys zücken.

Von Thomas Pusch 01.02.2017, 00:01

Stendal l Ganz begeistert war der Volksstimme-Leser, als er in der Redaktion anrief. „Wussten Sie schon, dass in Stendal ein Biber umherschwimmt?“, fragte er. Derzeit sei er an der Brücke über die Uchte an der Beckstraße zu sehen. In der Tat, auf der Uferböschung lag ein pelziges Tier, fraß ab und zu etwas von der Bepflanzung, ließ sich dann ins Wasser gleiten und schwamm in Richtung Tangermünder Tor davon. „Ich glaube, das ist kein Biber, sondern eine Nutria“, meinte eine Stendalerin, die mit ihrem Hund Gassi ging. An den roten Zähnen habe sie das Tier erkannt, leider aber nicht den Schwanz sehen könne, ein Körperteil, an dem sich die beiden unterscheiden.

„Es ist eine Nutria“, stellte Dr. Peter Neuhäuser, Vorsitzender des Stendaler Kreisverbandes des Naturschutzbundes Deutschland, fest, nachdem er das Foto der Volksstimme gesehen hatte. Es handelt sich dabei um eine sogenannte Neozoe. So werden in der Biologie Arten bezeichnet, die sich in Gegenden angesiedelt haben, in denen sie zuvor nicht heimisch waren. „Ursprünglich stammt die Nutria aus Südamerika, seit den 20er Jahren wurde sie in Deutschland gezüchtet und entgewichen oder ausgesetzt worden“, erklärte der Biologe. Zum Ende der DDR seien dann nochmals etliche Tiere ausgesetzt worden, als viele Züchter ihre nun nicht mehr lohnende Zucht aufgaben.

Inzwischen sei die Nutria, die auch Biberratte genannt wird, an allen Gewässern der Altmark zu finden, vorzugsweise den kleineren fließenden wie Aland, Biese, Uchte, Tanger, aber auch an Elbetümpeln und der Stromelbe, inzwischen auch im Innern der Altmark, an vielen Binnengräben. Sie frisst Wasserpflanzen aller Art, aber auch Rinde der Uferbäume, selten auch Muscheln oder Kleinfische.

„Die Nutria profitierte stark von den milden Wintern der letzten Jahre, denn eigentlich ist sie an unser Klima nur schlecht angepasst, wenn der Winter lang und kalt ist, gibt es regelmäßig große Verluste, teilweise auch Erfrierungen“, fügte Neuhäuser hinzu. Pro Jahr gebe es zwei Würfe mit vier bis sieben Jungen. Daher appelliert Neuhäuser an die Stendaler, das Tier auf keinen Fall zu füttern, um es nicht anzulocken und zu verhindern, dass der Bestand sich noch mehr verbreitet.

Anders als bei anderen eingewanderten Tierarten wie dem Waschbär oder dem Mink wird bei der Nutria nicht von einer Plage gesprochen. Da sie überwiegend Pflanzen frisst, gefährdet sie nicht so wie die beiden anderen oder auch der Nerz die einheimische Tierwelt. Sie steht aber auf der im vergangenen Sommer erstmals veröffentlichten „Liste invasiver gebietsfremder Arten von unionsweiter Bedeutung“ der EU. Auf sie darf auch – bis auf die Zeit der Jungenaufzucht –Jagd gemacht werden. Derzeit wird an der Uchte allerdings lediglich Jagd auf gute Fotos gemacht.