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Diskussion Pflegegipfel bringt Licht ins Reformdickicht

Zu einem Pflegegipfel hatte vor wenigen Tagen der Seniorenverband BRH Wanzleben ins Rot-Kreuz-Zentrum eingeladen.

Von Ronny Schoof 22.09.2015, 01:01

Eilsleben l „Das Thema Pflegereform beschäftigt unsere Mitglieder schon seit längerem“, erinnerte BRH-Vorsitzender Gerhard Ihlau eingangs an eine ganz ähnlich geartete Veranstaltung vor sieben Jahren. „Und auch in der Zwischenzeit hat uns das Thema nie losgelassen, denn gerade wir Senioren sind davon ja direkt betroffen. Und auch wenn wir heute nicht alle komplexen Aspekte des Gesetzes abhandeln können, sind wir dankbar für diese Gelegenheit, durch die Fachleute tiefere Einblicke zu bekommen und auch deutlich zu machen, wo der Schuh noch drückt.“

Die Expertenrunde in der DRK-Begegnungsstätte setzte sich aus den Bundestagsabgeordneten Waltraud Wolff (Grüne) und Manfred Behrens (CDU) sowie Reinhard Nehring, Abteilungsleiter Gesundheit im Landessozialministerium, und Martina Wolle von der AOK Sachsen-Anhalt zusammen. So war Raum gegeben für die Sichtweisen sowohl von der Gesetzgebung her als auch was die praktische Umsetzung der neuen Regelungen anbelangt.

Für die politische Seite legte Waltraud Wolff die grundlegenden Gedanken zur Fortsetzung der Pflegereform dar: „Die Pflege im Land kann noch viel besser organisiert, die Bedingungen für alle verbessert werden. Mit der Einführung der zweiten Gesetzesstufe werden künftig nicht mehr nur körperliche Befindlichkeiten bei der Gewährung von Pflegeleistungen berücksichtigt, sondern auch geistige, zum Beispiel stehen dann auch Demenzkranken endlich Hilfen im Rahmen des völlig neu definierten Pflegebedürftigkeitsbegriffs zu.“ Wolff betonte zudem, dass die Überführung in das veränderte und ab 2017 greifende System mit fünf Pflegegraden statt der bisherigen drei Pflegestufen automatisch vonstatten gehe: „Jetzige Leistungsempfänger müssen keine Anträge stellen.“

Bundestagskollege Manfred Behrens fügte hinzu: „Wir wollen Voraussetzungen schaffen, dass die Menschen ihren Alltag so lange wie möglich weitgehend selbstständig zuhause oder im Kreis der Familie bewältigen können. Unweigerlich resultiert daraus die Barrierefreiheit als großes Thema innerhalb dieser Bemühungen.“ Behrens verdeutlichte ferner: „Das Gesetz ist schon in der Theorie sehr schwierig – und in der Praxis umso schwieriger, das ist uns bewusst. Daher sind Ihre Hinweise nötig, denn noch können wir diese ins Gesetz einarbeiten.“

Einig waren sich beide Politiker – und die anwesenden Pflegedienstfachkräfte bestätigten es nachdrücklich –, dass bei all dem die Personaldecke der stationären und ambulanten Pflegeeinrichtungen „das Eingemachte“ darstellt. „Denn die Reformen bedeuten zwangsläufig auch mehr Personal“, merkte Waltraud Wolff an. „Das allerdings ist finanziell noch nicht untersetzt, daher besteht noch absoluter Redebedarf.“

In diesem Zusammenhang sprach AOK-Bereichsleiterin Martina Wolle von „einer sehr sportlichen Zeitschiene“, die von der Politik avisiert ist. „Es ist noch viel zu regeln, allein, was den Datenaustausch mit dem MDK angeht.“ Auch die sechs vorliegenden Kriterien zur Definition der Pflegebedürftigkeit seien „gewiss noch nicht das Ende der Fahnenstange“. Größte Herausforderung für ihr Haus sei im nächsten Jahr die Umstellung der bestehenden Verträge auf das neugegliederte System. Auch Wolle betonte dazu: „Wer bereits in einer Pflegestufe registriert ist, muss keinen Antrag stellen.“ Die AOK sei für 70 Prozent der rund 90 000 Pflegebedürftigen in Sachsen-Anhalt zuständig.

Diese Zahl werde in den nächsten zehn Jahren auf 100 000 ansteigen, berief sich Reinhard Nehring auf statistisch belegte Werte des Sozialministeriums. Vor diesem und dem Reformhintergrund sei in seiner Gesundheitsabteilung ein Pflegereferat neu etabliert worden. Auch Nehring bekräftigte: „Die zweite Stufe des Gesetzes ist noch nicht das Ende, wir müssen zum Beispiel noch klären, wie Pflegeversicherung und Sozialhilfe miteinander greifen werden.“