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Wolfsrisse Ist Isegrim im Sülzetal unterwegs?

Im Sülzetal soll sich seit längerem ein Wolf aufhalten. Neben Wild hat er nun auch Nutztiere gerissen, ist ein Landwirt überzeugt.

Von Sebastian Pötzsch 15.03.2017, 00:01

Sülldorf l „Der Wolf ist da“ sagt Ralf Renard im Brustton der Überzeugung. Das wisse er schon seit 2016. Mehrere Risse, also durch den Wolf erlegtes Wild, belegten diese These, „die im Übrigen nicht nur ich vertrete“, erzählt der Sülldorfer. Als Landwirt und passionierter Jäger habe er etwas für Tiere übrig, kenne sich aus. Auch seine Jagdkollegen seien überzeugt, dass sich im Sülzetal ein Wolf aufhält. „Das ist eigentlich nichts Besonderes mehr. Schon seit Jahren durchstreifen einzelne Tiere unsere Region aus der Colbitz-Letzlinger-Heide kommend. Doch nun hat sich ein Exemplar hier festgesetzt“, sagt Ralf Renard.

Darüber seien sich seine Jagdgenossen und er einig. Nicht nur die für den Wolf typischen Rissspuren sprächen dafür, dass Isegrim im Sülzetal seine Heimat gefunden hat. „Wir haben Fährten im Schnee entdeckt und diese natürlich auch fotografiert“, erzählt der Landwirt. Außerdem hätten Bürger ihm und weiteren Jagdgenossen über Sichtungen berichtet.

Doch nun soll sich der Graupelz an Ralf Renards kleiner Herde Damwild vergriffen haben. Mehrere Tiere der Gruppe in Sülldorf hätten den Angriff nicht überlebt. Dennoch gibt sich Ralf Renard gelassen, obwohl der Verlust schmerzt. „Das Geschöpf Wolf trägt nicht die Schuld. Schuld sind die Menschen, die denken, wir müssen unbedingt den Wolf haben“, meint er. Dennoch habe der Graupelz seine Daseinsberechtigung. „Ich bin gegen die Aufnahme des Wolfes ins Jagdrecht. Doch der Vermehrung sollte Einhalt geboten werden, vielleicht durch so etwas wie eine Pille“, lässt Renard seinen Gedanken freien Lauf.

Er kenne den Wolf. Während mehrerer Studienreisen nach Polen und Russland habe er einige Rudel in freier Wildbahn beobachten können. „Es ist schon ein beeindruckendes Tier“, befindet der Jäger. Doch das Abschießen sieht er als letzte Möglichkeit. Vielmehr fordert er Strategien, um der Zuwanderung von Wölfen und dem weiteren Anwachsen der Population Einhalt zu gebieten.

So sieht das auch Dirk Schünemann von der Jagdgenossenschaft Stemmern-Bahrendorf. Auch er habe die Fährten und Risse gesehen, die vermehrt seit Ende 2016 auftauchten. „Das Tier hat sich hier festgesetzt“, wiederholt er Renards Aussagen und fordert: „Wir müssen einen Kompromiss finden, wieviel Wölfe unser Land verträgt.“

Ihre Hinweise, die auf den Wolf hindeuten, hätten sie bereits an den Landesjagdverband weitergeleitet. „Den Verlust meines Damwilds habe ich allerdings nicht an die zuständigen Behörden gemeldet. Damit der Schaden über Landesmittel ersetzt werden kann, muss der Wolfsriss auch genetisch nachgewiesen werden. Das ist an einem verendeten Nutztier sehr schwer, weil sich auch andere Tiere an dem Kadaver laben“, meint Renard.

Auch Mathias Ködel, Sachbearbeiter für Naturschutz beim Landesjagdverband, ist davon überzeugt, dass sich im Sülzetal ein Wolf aufhält. So seien ihm ebenfalls Sichtbeobachtungen und Fährten gemeldet worden. Er selbst habe das Foto von einer für den Wolf typischen Spur im Schnee gemacht. „Doch war die Fährte insgesamt zu klein, sodass diese für einen gesicherten Nachweis nicht ausreichte. Der 100-prozentige Nachweis fehlt uns also“, berichtet er der Volksstimme. Auch ein genetischer Nachweis könne das Vorkommen des Wolfes einwandfrei belegen. Im Normalfall fände sich DNA etwa in der Losung oder im erlegten Wild beziehungsweise im erlegten Nutztier. „Doch genau diese Beweise fehlen uns. Tatsächlich könnte es sich auch um einen Hund handeln, der wie ein Wolf aussieht und sich so benimmt“, stellt Ködel klar.

Martin Trost vom Landesumweltamt bestätigt auf Nachfrage die Aussagen Ködels. Ein gesicherter Nachweis über einen festgesetzten Wolf im südlichen Bördekreis sei nicht bekannt, wohl aber sogenannte C3-Nachweise, also unbestätigte Sichtungen. Für ein Monitoring verifizierbar seien jedoch nur C1- oder C2-Nachweise. „C1 ist ein echter Nachweis. Hier gelten ausschließlich harte Fakten wie etwa ein lebend gefangenes Tier, ein Totfund, ein genetischer Nachweis, ein Foto oder die Ortung eines besenderten Wolfs“, beschreibt der Fachmann. Wer wissen möchte, wieviel Wölfe bereits in Sachsen-Anhalt leben und wo, dem empfiehlt Martin Trost das Wolfsmonitoring auf der Internetseite seiner Behörde. Demnach leben derzeit etwa 80 Tiere zwischen Arendsee und Zeitz.

Menschen im Sülzetal müssten sich unterdessen nicht vor Isegrim fürchten, denn er sei äußert scheu. Laut Mathias Ködel vom Landesjagdverband passe der Mensch zudem nicht ins Beuteschema des Wolfes. Auch als Tollwutüberträger komme er – zumindest derzeit – nicht in Frage.

Gefahren sieht der Sülldorfer Ralf Renard dennoch. „Wenn ein Wolf Schwarz- oder Rotwild aus dem Wald herausdrückt und dieses völlig kopflos auf die Straße stürmt, birgt das Unfallgefahren“, warnt der Sülldorfer. Das Gleiche gelte für Weidetiere wie etwa Pferde oder Rinder. „Koppeldraht ist nichts für solch großen Tiere. Wenn die in Panik geraten, können die solch eine Barriere auch einfach überrennen.“

Interessenten, die ihre Wolfsichtungen für das Monitoring des Landesumweltamtes weiterleiten möchten, können dies beispielsweise unter folgender Rufnummer tun: 039205/4175 70.