Crossover Ostrock trifft Klassik

Das Philharmonische Kammerorchester Wernigerode hat sich mit den Zonenrockern für "Ostrock meets Classic" zusammengetan.

Von Ivonne Sielaff 11.05.2016, 01:01

Wernigerode l Flöten und Oboen sind zu hören, Violinenklänge – und zwischendrin eine E-Gitarre. Hier stimmt was nicht? Oh doch. In ihrem Domizil am Heltauer Platz proben die Musiker des Philharmonischen Kammerorchesters Wernigerode gemeinsam mit den Zonenrockern – einer Band, die sich den Klassikern der DDR-Rockmusik verschrieben hat.

„Rock und Klassik passen eigentlich überhaupt nicht zusammen“, sagt Gitarrist Enrico Schelzer nach der Probe. „Wir arbeiten ganz anders.“ Dennoch haben sich die Musiker zusammen gefunden. Ihr Projekt: „Ostrock meets Classic“. Schon seit Jahren träumen die Zonenrocker davon, die Hits von Karat, Silly und City mit einem klassischen Orchester zu spielen. „Wir haben mit einer Oboistin angefangen und die Idee dann weiter gesponnen“, so Schelzer.

Keyboarder Gunter Thiel fing an, die Arrangements zu schreiben. „Tag und Nacht habe ich gearbeitet“, sagt er. „Ich hatte vorher schon für Rockbands, für Bigbands und sogar für Folkloregruppen geschrieben, aber nie für ein Orchester. Das war eine große Herausforderung.“

Thiel suchte sich die Orchesterbesetzung aus dem Internet heraus und legte los. Erst einen Song, dann noch einen, inzwischen sind es 23 fertige Arrangements.

Gunter Thiel war es auch, der den Kontakt zum Philharmonischen Kammerorchester herstellte. „Ich kenne Christian Fitzner und seine Musiker, habe mehrfach mit ihnen zusammen gearbeitet – beispielsweise beim Schierker Musiksommer. Ich wusste, das ist ein richtig gutes Orchester.“ Vor drei Jahren berichtete er Christian Fitzner von der Idee seiner Band.

„Ich war sofort Feuer und Flamme“, erinnert sich der Dirigent an das Gespräch. „Wir haben früher regelmäßig mit Crossover experimentiert.“ Ob mit der Musik der Beatles, der Rolling Stones oder Jazzklassikern. Das sei in den letzten Jahren leider eingeschlafen. „Mit Crossover muss man jedoch vorsichtig sein“, so Fitzner. „Wie setzt man die Titel um, welche Rolle spielt das Orchester? Ich war begeistert und skeptisch zugleich.“

Aber Gunter Thiel meldete sich nicht wieder. Vorerst. „Dann tauchte er plötzlich auf und wurde konkret“, sagt Christian Fitzner. „Das war Nervenkitzel, das machte mich nervös – im positiven Sinne.“

Im Herbst 2015 die erste gemeinsame Probe. „Ich hatte richtig Angst, nach Wernigerode zu kommen“, sagt Keyboarder Thiel. Wie würden die Profis vom Orchester seine Arrangements aufnehmen? Würden sie überhaupt funktionieren? Seine Sorge war unbegründet. Die Probe lief gut. „Der gemeinsame Klang war so unendlich groß, so herzergreifend“, erinnert sich Enrico Schelzer.

Orchesterchef Fitzner war begeistert von den neuen Versionen von „Über sieben Brücken“, „Als ich fortging“, „Schwanenkönig“, „Albatros“, „Clown in einem Zirkus“ und „Wasser und Wein“. „Es sind schöne Arrangements“, schwärmt er. „Verschiedene Klangfarben, sehr differenziert.“ Dabei ist der gebürtige Stuttgarter gar nicht mit dieser Musik aufgewachsen. „Sicherlich kannte ich ‚Wenn ein Mensch lebt‘ und ‚Über sieben Brücken‘, aber nicht alle Lieder.“ Es seien tolle Titel und tolle Texte, so Fitzner, der sich sehr auf das Konzert freut.

Für die Premiere von „Ostrock meets Classic“ am Sonnabend, 18. Juni, haben sich die Musiker mit der Fürst Stolberg Hütte in Ilsenburg einen besonderen Veranstaltungsort ausgewählt. „Das Ambiente ist der Hammer“, sagt Enrico Schelzer. 60 Leute arbeiten derzeit an der Vorbereitung des Konzertes, denn nicht nur die Arrangements, sondern auch Licht und Ton sind aufeinander abzustimmen.

Darüber hinaus müssen kleine „Neckigkeiten“ geprobt werden, um das Publikum zu überraschen, wie Enrico Schelzer verrät – beispielsweise der Auftritt eines Clowns und einer Tänzerin, die an einem Seil hängt. „Mehr wird aber noch nicht verraten.“