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Spinnstuben Alte Bräuche zum Anfassen

Damit das Spinnen nicht austirbt, wurde eine Veranstaltungsreihe organisiert. Auftakt war in Silstedt.

Von Uljana Klein 23.05.2016, 23:01

Silstedt l Alte Harzer Traditionen spielen auf dem Museumshof „Ernst Koch“ in Silstedt die Hauptrolle. Eine vierteilige Veranstaltungsreihe lässt die einstigen Harzer Spinnstuben wieder auferstehen. Organisiert werden die Frühlingsspinnstuben vom Landesheimatbund Sachsen-Anhalt und dem Zentrum Harzkultur unter Förderung des Landes.

Am Sonnabend konnten sich die Besucher bei der ersten Spinnstube in diesem Jahr von der Kunst des Spinnens, Klöppelns und Häkelns überzeugen. „Die Gäste hatten die Möglichkeit, sich selbst in den alten Harzer Handarbeiten auszuprobieren“, erklärte Dr. Christine Schlott, die für das Projekt verantwortlich ist und die Veranstaltungsreihe organisiert. Wenngleich die Resonanz hätte größer sein können, so nutzten doch Jung und Alt gleichermaßen den Einblick in einen Teil des früheren Lebens in der Harzregion.

Ulrike Salzmann vom Havelberger Heimatverein war eigens mit einem Spinnrad angereist. Neugierig scharten sich immer wieder Besucher um die Spinnerin. „Wir haben selbst Spinnräder zu Hause, Überbleibsel unserer Vorfahren. Die Veranstaltung war eine gute Gelegenheit, um uns mit dem Spinnen näher zu befassen und viele Einzelheiten in Erfahrung zu bringen“, sagten die Eheleute Ilse und Karl-Heinz Querfurth, die extra aus Rübeland kamen.

Ulrike Egner hatte zufällig von dem Termin erfahren. „Ich wollte, dass meine Kinder erleben können, welche alten Handarbeiten es bei uns früher einmal gab“, erklärte die Besucherin aus Quedlinburg, deren sechsjähriger Sohn Oskar persönlich das Spinnrad austestete.

Die Klöppelgruppe des Harzklubs Wernigerode war gleich mit sieben Frauen präsent. „Wir stellen unser Handwerk vor und suchen natürlich auch für unsere Gruppe stets Interessierte“, sagte Petra Pfeifer, Leiterin der Klöppelgruppe. Und Mitglied Petra Düfert ergänzte: „Das Klöppeln macht nicht nur Freude, es hilft zu entspannen und ist gleichermaßen gut für die Geselligkeit und die Fingerfertigkeit.“ Die Silstedterin Margrit Matthies war gerade wegen des Klöppelns zu der Veranstaltung gekommen. „Mich interessiert das sehr.“ Christian und Anne Schulze aus Silstedt wollten ihren zwei- und fünfjährigen Kindern die einstigen Harzer Traditionen zeigen. „Die Kinder sollen das mal sehen, um einfach mit den alten Bräuchen in Berührung zu kommen“, so Anne Schulze auf Volksstimme-Nachfrage.

„Vom 16. bis ins 20. Jahrhundert hinein gab es vor allem auf dem Land Spinnstuben, in denen zumeist fünf bis sechs junge Frauen zusammen gesponnen haben. Es wurde aber auch gehäkelt, geklöppelt und viele weitere Handarbeiten verrichtet“, informierte Christine Schlott.

Vor allem in der kalten Jahreszeit waren die Spinnstuben vormals Treffpunkt für die Landjugend. Denn nach getaner Arbeit gesellten sich zu den jungen unverheirateten Damen auch die Burschen hinzu. „Und dann wurde gemeinsam gesungen, getanzt und gelacht“, berichtet Christine Schlott. Die Bräuche der nach Ständen getrennt stattfindenden Spinnstuben waren zuweilen recht verschieden. „Umso reicher der Stand, umso gesitteter liefen auch die kurzweiligen Spinnstubenabende ab.“ Im Harz waren diese Stubenabende weit verbreitet, sagt die Wissenschaftlerin.