1. Startseite
  2. >
  3. Lokal
  4. >
  5. Nachrichten Wernigerode
  6. >
  7. Föhn sorgt für Wärmerekord

Wetter-Phänomen Föhn sorgt für Wärmerekord

Wärmer als in Wernigerode war es am Donnerstag an keinem anderen Ort Deutschlands. Schuld ist ein Wetter-Phänomen, der Föhn-Wind.

Von Holger Manigk 09.12.2016, 00:01

Wernigerode l Frühlingshafte Temperaturen mitten im Dezember in Wernigerode: Das Thermometer in der Gustav-Petri-Straße zeigt am Donnerstagmittag 18 Grad Celsius an – Wärmerekord in ganz Deutschland. Gäste sitzen vor einem Eiscafé in der Breiten Straße, lassen sich ihren Latte Macchiato in der milden Luft schmecken. Hinter dem Frühlingswetter steckt ein Phänomen, das vom Nordrand der Alpen rund um München bekannt ist – der Föhn-Effekt.

„Zwei physikalische Besonderheiten sorgen dafür, dass es in Wernigerode besonders warm ist“, sagt Gerold Weber. Der Leiter der für Sachsen-Anhalt zuständigen Außenstelle des Deutschen Wetterdienstes (DWD) stellt vorweg: Der Harzer Föhn hat nichts mit dem Klimawandel zu tun. Stattdessen liege die Ursache für das milde Wetter im Harz rund 1400 Kilometer entfernt – im Golf von Biscaya an der Atlantikküste. „In mehreren Hundert Metern Höhe treibt ein Starker Südwest-Wind die warme Luft von dort zu uns“, berichtet der Wetterexperte.

Der Harz mit den Bergen um den Brocken steht dieser Luftströmung genau im Weg. „Stürzt die Luft im Windschatten des Mittelgebirges ins Tal Richtung Wernigerode, erwärmt sie sich noch weiter“, sagt Gerold Weber. Pro 100 Meter abwärts nehme die Temperatur laut einer Meteorologen-Faustregel um ein Grad zu.

„Das gleiche Prinzip bemerken wir, wenn wir einen Fahrradreifen aufpumpen und sich die Luftpumpe erwärmt.“ Steigt der Druck in einer Luftmasse, erhöht sich ihre Temperatur. Durch den Höhenunterschied zwischen dem Brocken und Wernigerode von rund 900 Metern liegt die Temperatur in der bunten Stadt neun Grad Celsius höher.

Auf dem höchsten Berg Norddeutschlands wurden gestern statt der wohligen 18 Grad in Wernigerode nur sechs Grad Celsius gemessen. Dazu stürmte der Föhn über den Gipfel mit Windgeschwindigkeiten von rund 100 Kilometern pro Stunde. „Am Nachmittag haben dunkle Wolken die Sonne verdeckt“, berichtet Rene Sosna, Meteorologe in der Brocken-Wetterwarte.

Echtes Winterwetter sei in den Harzer Höhen vorerst nicht in Sicht. „Am Sonntag könnten wir eventuell die Null-Grad-Marke erreichen“, sagt der Meteorologe. Doch ob es dann schneit oder Eisregen droht, sei noch nicht absehbar. „Derweil wird auf der Skipiste in Braunlage jedenfalls fleißig Kunstschnee gesprüht.“