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Harzmuseum Von Siegeln, Luchsen und Stadtbränden

Rundgang durch das Wernigeröder Harzmusem: Dabei wird auch verraten, warum der Luchs 2017 ein Jubiläum feiert.

Von Ivonne Sielaff 15.01.2017, 07:01

Wernigerode l Wussten Sie, dass auf dem Klinthügel einst eine Burg stand? Dass der Pest im Jahre 1626 mehr als 1000 Wernigeröder zum Opfer fielen? Dass der Brandstifter Heinrich Hauenschild 1734 geköpft wurde? Diese und viele andere historische Fakten erfahren Besucher bei einem Rundgang durch das Wernigeröder Harzmuseum.

Gut 10 000 Gäste seien im vergangenen Jahr gezählt wurden, bilanziert Olaf Ahrens, der neue Chef des Harzmuseums. Gut die Hälfte der Besucher seien Kinder gewesen. Das museumspädagogische Programm der Einrichtung sei speziell auf jüngere Besucher zugeschnitten. „Das Interesse zeigt, dass wir damit richtig liegen.“

Die Dauerausstellung in dem 1821 erbauten Fachwerkhaus wurde im Jahr 2001 konzipiert. Sie ist unterteilt in 16 Räume und zwei Rundgänge – einen zur Stadtgeschichte und einen zur Naturkunde. Schwerpunkte sind neben den Themengebieten Holz als Rohstoff und Fachwerk auch die geologische Entstehung des Harzes. Die ältesten Harzgesteine sind bis zu 500 Millionen Jahre alt, erfährt der interessierte Besucher. Vor dem Harz gab es zwei andere Gebirge an gleicher Stelle, die aber durch Erosion wieder verschwanden. Entstanden ist der Harz, weil ein starker Druck vor 320 Millionen Jahren die Auffaltung der Gesteine bewirkte. Vor 97 Millionen Jahren begann sich das Gebirge erneut zu heben.

Ein ganzer Raum widmet sich dem Thema Bergbau. Für die Besucher besonders spannend sind die interaktiven Modelle wie beispielsweise eine Untertage-Nachbildung aus Holz. Dreht der Besucher die Kurbel, setzen sich auf verschiedenen Ebenen die Miniaturbergleute in Bewegung. Gefertigt wurde das sogenannte Buckelbergwerk um 1900 von einem Invaliden namens Allrot. In jener Zeit wurde es auf dem Rücken transportiert und auf Jahrmärkten vorgeführt.

Beliebt bei den Kindern sind die Vitrinen, die die Tier- und Pflanzenwelt des Harzes zeigen – mit Diestelfink, Feldkrähe, Zaunkönig und Ringdrossel. Hingucker ist der uralte ausgestopfte Luchs. „Unser Spezialluchs“, wie Museumschef Ahrens sagt. 1817 sei er in den Harzer Wäldern erlegt worden, als vorletzter seiner Art – wie es in der Literatur heißt. Jedoch hat das genau 200 Jahre alte Tierpräparat, übrigens eine Dauerleihgabe des Fürsten, nicht mehr viel Ähnlichkeit mit einem lebenden Luchs. Der Zahn der Zeit hat an dem Tierkörper genagt. Bei den Besuchern stehe er dennoch hoch im Kurs, so Ahrens. In diesem Herbst steht der „Jubilar“ im Mittelpunkt einer Sonderausstellung. „Wir wollen seine Geschichte und die der Tierpräparation im Allgemeinen darstellen.“

Im zweiten Rundgang wird über die Wernigeröder Historie informiert – von der Bronzezeit bis heute. Archäologische Funde belegen, dass das heutige Stadtgebiet schon in der Jungsteinzeit von Menschen besiedelt war. Die großen Stadtbrände sind ab dem 14. Jahrhundert dokumentiert. Immer wieder zerstörten Feuer die Häuser der Stadt, forderten viele Menschenleben. Der verheerendste Brand trug sich im Jahr 1528 zu. Von damals 554 Häusern wurden 470 vernichtet, darunter die Rathäuser der Altstadt und der Neustadt. Erhalten blieb das Spielhaus – das heutige Rathaus – sowie das „Gothische Haus“.

In den folgenden Räumen sind unter anderem die älteste Darstellung Wernigerodes auf einer Karte, die Wetterfahne der 1873 abgerissenen Nicolaikirche, Urkunden aus Pergament, Zeugnisse der Handwerkskunst und der legendäre Rathausschatz mit seinem Kokosnusspokal zu sehen. Etwas zu hören gibt es auch. Die Telefonapparate von anno dazumal, die in fast allen Ausstellungsräumen stehen, sind nicht nur etwas fürs Auge. Lauscht man am Hörer, erfährt man weitere wissenswerte Fakten.

Die Dauerausstellung sei inzwischen in die Jahre gekommen. „Wir müssen einiges erneuern“, sagt Olaf Ahrens. Aber die Besucher seien noch immer zufrieden. „Was uns momentan viel mehr zu schaffen macht, ist der mangelnde Bekanntheitsgrad des Museums.“ Das zu verbessern, sei eine Aufgabe für das neue Jahr. „Wir wollen verstärkt die sozialen Medien nutzen, um auf uns aufmerksam zu machen, arbeiten in Sachen Marketing mit der Wernigerode Tourist GmbH zusammen.“ Das Besucherinteresse, so ist sich Olaf Ahrens sicher, stehe und falle mit der Qualität der Sonderausstellungen. Für dieses Jahr ist neben der Luchsausstellung eine weitere zur Reformationsgeschichte der Region geplant. Darüber hinaus zeigt Ralf Wilhelm Schmidt seine fotorealistischen Bleistiftzeichnungen. Ab 31. Januar werden Neuerwerbungen des Harzmuseums präsentiert, darunter Harzgemälde, Grafiken und so kuriose Gegenstände wie ein Mocca-Service und Bowlegläser mit Wernigerode-Gravur. „Ein Besuch lohnt sich also immer.“