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Erinnerung Mit Erbsensuppe und Gitarre im Gepäck

Jürgen Kurkiewicz hat sich als Unternehmer in Elend mit seiner Erbsensuppe einen Namen gemacht. Mit 75 Jahren ist „Kukki“ verstorben.

Von Katrin Schröder 05.03.2017, 08:04

Elend l Abenteuerlustig, durchsetzungsstark, hilfsbereit: Wer Jürgen Kurkiewicz gut gekannt hat, beschreibt ihn mit diesen Worten. Der Unternehmer aus Elend, den alle „Kukki“ nannten, ist mit seiner Erbsensuppe berühmt geworden. In seiner Wahlheimat hat er viel bewegt. Vor gut einer Woche ist er im Alter von 75 Jahren verstorben.

Geboren wurde „Kukki“ in Groß Quenstedt, zu DDR-Zeiten wohnte er in Wernigerode. Als Kulturoffizier der NVA unterhielt er Größen aus Militär und Politik, die im Harz weilten. Nach seinem Ausscheiden aus der Armee wurde er Taxiunternehmer. Als erster hatte „Kukki“ einen Mercedes und brachte damit Ostharzer in den Westen, die sich ihr Begrüßungsgeld abholen wollten.

Nebenher war er weiterhin mit seiner Band auf den Bühnen unterwegs. „Er konnte nicht eine Note lesen, hat sich alles selbst beigebracht“, sagt seine Tochter Katrin Gärtner-Kurkiewicz. Beim Dorffest in Elend ist ihm Carsten Brett zum ersten Mal begegnet. Der langjährige Ortsbürgermeister von Elend berichtet, wie „Kukki“ sich nach der Wende um den Betrieb des alten FDGB-Kiosks im Waldbad bewarb und den Zuschlag erhielt. Das Musiklokal zog nicht nur Gäste aus dem Ort, sondern auch aus Braunlage und der weiteren Umgebung an.

Jürgen Kurkiewicz ging das nächste Projekt an. In Gulaschkanonen aus NVA-Beständen bot er Straßenrand Erbsensuppe und Kesselgulasch an. „Das lief viel besser, als alle erwartet haben“, so Brett. Jeden Tag konnten Hungrige die Feldküche ansteuern – geschlossen war nur Heiligabend ab Mittag oder wenn zwei Meter Schnee gefallen waren. Durch seinen Imbiss wurde „Kukki“ berühmt, als er begann, seine Suppe in Dosen zu füllen und bis in die USA zu exportieren, standen zeitweise die Fernsehteams Schlange. „Auf seinen Reisen hatte er immer einen Koffer voller Erbsensuppe in Büchsen dabei – und seine Gitarre“, erinnert sich Brett.

Unterdessen verlagerte der Unternehmer seine Suppenküche in die frühere Pension Harzhaus und seinen Lebensmittelpunkt nach Elend. Für seine Wahlheimat hat „Kukki“ viel getan, sagt Dieter Linde. 40 Jahre lang war der Wernigeröder eng mit ihm befreundet. „Wir haben jeden Abend telefoniert und uns jedes Wochenende getroffen.“ Gemeinsam verbrachten sie viele Urlaube in Ungarn, wo Kurkiewicz ein Ferienhaus hatte.

In Elend hat „Kukki“ zusammen mit anderen Engagierten das Skijöring wiederbelebt, eine Tradition aus Vorwendezeiten – Skifahrer werden an einem Seil gezogen, wahlweise von Pferden, Motorschlitten, Motorrädern, Quads und Jeeps. Er war ein „absolutes Organisationstalent“, sagt seine Tochter Katrin Gärtner-Kurkiewicz und fügt hinzu: „Wenn er eine Idee hatte und davon überzeugt war, dann hat er sie gegen alle Widerstände durchgesetzt.“

Das Skijöring war ein Erfolg, bis zu 5000 Besucher kamen an Doch das Wetter spielte immer weniger mit. Zum letzten Mal fand das Wintersportereignis 2013 statt, eine Fortsetzung ist nicht geplant. Ebenso mischte „Kukki“ beim Fasching, beim Osterfeuer, der Walpurgis mit, verköstigte als Sponsor die Helfer des Festivals „Rocken am Brocken“. Sein Engagement hat er mit den Jahren ein wenig zurückgefahren, Jüngere führten fort, was er begonnen hatte. „Er ist ein bisschen ruhiger geworden“, sagt Carsten Brett.

Das galt auch für seine Geschäfte: Sohn René hat schon vor einiger Zeit die beiden Feldküchen in Drei Annen Hohne und an der B 27 zwischen Elend und Braunlage übernommen. Dort wird es weiterhin „Kukkis“ Erbsensuppe geben. „Das ist uns ein Anliegen“, sagt Katrin Gärtner-Kurkiewicz. Ihre Schwester Annette Hunger betreibt die Waldbadschenke in Elend.

In Erinnerung bleiben nicht nur „Kukkis“ Abenteuer- und Unternehmungslust, sondern auch seine Hilfsbereitschaft und Großzügigkeit. „Er war immer bereit zu helfen. Man konnte jederzeit auf ihn zugehen“, sagt Carsten Brett. Ihr Vater habe zwar seine Eigenheiten gehabt und auch mal austeilen können, doch nach Auseinandersetzungen gab er den Kontrahenten eine zweite Chance, sagt Katrin Gärtner-Kurkiewicz. „Er hatte ein großes Herz.“