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Brockenbahn Fahrgäste fordern besseren Service

Die Harzer Schmalspurbahnen in der Kritik: Fahrgäste beschweren sich über überfüllte Züge, hohe Fahrpreise und schlechten Service.

Von Katrin Schröder 25.01.2017, 00:01

Wernigerode l Für Glendora und Alexander Damp hat der 30. Dezember hoffnungsfroh begonnen. Wegen des schönen Wetters beschloss das Ehepaar aus Sachsen, das den Jahreswechsel in Quedlinburg verbrachte, mit den Harzer Schmalspurbahnen (HSB) auf den Brocken zu fahren. Doch die Tour wurde laut Schilderung der Damps zum „Alptraum“ – wegen langer Wartezeiten am Fahrkartenschalter, überfüllter Züge und mangelndem Service.

20 Minuten mussten sie in Wernigerode am Ticketschalter waren, schreiben die Damps in einem Brief an die HSB, der der Volksstimme vorliegt. Im Zug sei dann Chaos ausgebrochen, besonders nach dem Umstieg in Drei Annen Hohne. „Weitere Menschenmassen drängten sich in den bereits überfüllten Zug. Ich kann das Gedrängel, Geschubse und Geschimpfe nicht beschreiben. So hatten wir uns eine romantische Brockenfahrt nicht vorgestellt.“

Ähnliches berichten Reisende über Jahre hinweg zum Beispiel im Internetportal reisefuehrer-deutschland.de und immer wieder in Briefen an die Volksstimme. HSB-Sprecher Dirk Bahnsen kennt die Probleme, die an sogenannten Hochlasttagen auftreten. Die HSB reagiere zum Beispiel in den Ferien mit zusätzlichen Zügen – so fahre ab 28. Januar morgens ein zusätzlicher Zug auf den Brocken. Darüber hinaus gebe es jedoch nicht planbare Spitzen. „Es ist kaum zu kalkulieren, was für Menschenmassen sich an manchen Tagen mobilisieren“, so Bahnsen. Kurzfristig sei Abhilfe kaum möglich, es dauere Stunden, eine Lok flott zu machen.

Zudem könne der Fahrplan nicht beliebig ausgeweitet werden. Das lasse die einspurige Strecke nicht zu. Verschiedene Ansätze hätten die Bahner erwogen – mehr Zugbegegnungsstellen, um Bahnen aneinander vorbei zu lassen, oder die Anschaffung von Waggons. „Doch das ist nicht einfach und mit hohen Kosten verbunden.“

Fahrgäste haben schon oft angeregt, nur Platzkarten zu verkaufen. Doch eine Begrenzung des Ticketverkaufs sei bei fünf Einstiegsstellen nicht möglich, so Bahnsen. „Das würde mit sich bringen, dass man die Nachfrage nicht bedienen kann“, sagt auch Erdmute Clemens, Chefin der Wernigeröder Tourismus GmbH. Das Einzige, was helfe, sei Ehrlichkeit: „Wir weisen Gäste immer darauf hin, wenn es im Zug voll werden könnte.“

Rund 30 Beschwerdebriefe gehen pro Quartal bei den HSB ein. Das sei nicht unbedingt viel. „Wir haben eine Million Fahrgäste pro Jahr“, so Bahnsen – und viele äußerten sich positiv über die Bahn. Doch man gehe jeder Sache nach. „Wir nehmen das sehr ernst.“

Zu den Beschwerdeführern zählt Anja Schönfeldt. Die Berlinerin hat bereits am 1. Februar 2016 mit einer Begleiterin und zwei Kindern einen Brocken-Ausflug unternommen, der dramatisch endete. Im Bahnhof Schierke kauften sie Tickets und fuhren hinauf. Auf dem Gipfel sei es windig gewesen, doch Durchsagen habe es laut ihrer Schilderung nicht gegeben. Im Brockenhaus erfuhren die Gäste, dass sie kurzfristig aufbrechen müssten, falls die Strecke gesperrt würde. Doch diese Information erhielten sie nicht – weder im Brockenhaus noch im Bahnhof. Bei der HSB-Hotline habe sie nach zweimaliger Nachfrage erfahren, dass der letzte Zug zwei Stunden zuvor abgefahren sei. „Wir waren total ratlos, was zu tun wäre, die Kinder inzwischen verängstigt durch den heftigen Sturm“, so Anja Schönfeldt.

Bei diesem Wetter hätte die Urlauberin nicht hinauffahren sollen, sagt Bahnsprecher Dirk Bahnsen. „Das war in meinen Augen sehr riskant.“ In den Verkaufsstellen könne man die aktuelle Wetterprognose auf Bildschirmen verfolgen. Beim Fahrkartenverkauf würde Passagieren bei Sturm von der Tour abgeraten – auch wenn die Bahn verkehre. „Solange wir können, fahren wir, um eventuell Wanderer mit hinunter zu nehmen“, erläutert Bahnsen.

Am fraglichen Tag habe es bei der Ankunft am Brockenbahnhof Durchsagen gegeben, dass der Zug der letzte sei, der wieder hinunterfahre. „Das haben die Passagiere offenbar nicht mitbekommen.“ Warum die Hotline falsch informiert habe, sei nicht mehr nachvollziehbar. „Es tut uns furchtbar leid, wenn man so etwas liest“, so Bahnsen. „Wir habe großes Interesse daran, dass unsere Fahrgäste sicher ankommen.“

Anja Schönfeldt und ihre Begleiter sind von einer Autofahrerin ins Tal mitgenommen worden. Noch einmal will sie nicht herkommen. „Unser Wohlgefühl für den Harz ist erheblich geschädigt.“ Die Konsequenz: „Wir werden jetzt unsere Ferien im Erzgebirge verbringen.“