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Foto-Ausstellung Das Alter im Porträt

Modeln ist für die Wernigeröder Senioren ungewohnt. Aber die Porträts können sich sehen lassen: Sie zeigen die Schönheit des Alters.

Von Sandra Reulecke 22.11.2016, 00:01

Wernigerode l Die Haare sind grau, die Gesichter voller Falten. Mit typischen Model-Bildern haben die Porträts nicht viel gemein. Doch genau deshalb wecken sie das Interesse des Betrachters. „Jedes Foto zeigt die Würde und die innere Schönheit des alten Menschen, berichtet aus dem Schatz gelebten Lebens, lässt Freude oder Ernst, Neugier oder In-sich-Ruhen, eigene Stärke, Sehnsucht, Hoffnung oder inneren Frieden sichtbar werden“, fasst es Katharina von Hoff zusammen. Sie ist die Leiterin des Wernigeröder Pflegeheimes „Sonneck – Harzfriede“.

In der Einrichtung ist derzeit eine Ausstellung mit Fotografien von 21 Bewohnern zu sehen. Sie ist im Laufe des Jahres mit einer Fotogruppe aus Ilsenburg entstanden. Die Anfrage dafür kam von den Hobbyfotografen, berichtet Petra Schulz, Leiterin des Begleitenden Dienstes. Die Idee habe ihr sofort gefallen, weil so „die Individualität der Bewohner gezeigt“ und gleichzeitig eine abwechslungsreiche Freizeitgestaltung geboten werde. Im April besuchten die Ilsenburger Fotografen die Senioren.

„Das war eine schöne Begegnung“, erinnert sich Elisabeth Müller. Die Seniorin stammt aus Oebisfelde (Börde) und lebt seit 2011 in dem Wernigeröder Heim. Eigentlich mag es die 87-Jährige überhaupt nicht, fotografiert zu werden. „Ich bin schon in der Schule immer weggelaufen, wenn der Fotograf kam“, gesteht sie lachend. Für das Foto-Projekt ist Elisabeth Müller jedoch über ihren Schatten gesprungen und hat sich ablichten lassen. „Ich habe es nicht bereut“, versichert sie. „Die Bewohner werden so dargestellt, wie sie sind.“

Für Elisabeth Müller sind die Bilder zudem greifbare Erinnerungen: Ein paar der Modelle sind seit dem Aufnahmetag verstorben. „Ich habe mich gefreut, sie auf diese Art wiederzusehen.“ Ähnlich empfindet es Petra Schulz. „Man denkt mit Wehmut an die Menschen zurück, wenn man die Bilder betrachtet. Aber sie sind eine Würdigung der Person.“

Abgelichtet wurden die Personen einzeln oder als gemeinsam mit Angehörigen, Ehrenamtlichen und Mitarbeitern des Heims. Für Kurt Bollack war es das erste Fotoshooting in seinem Leben. Es habe ihm Spaß bereitet, sagt der 84-Jährige. Auch wenn es ein seltsames Gefühl war, im Fokus zu stehen, ergänzt der gebürtige Gröninger. Bescheiden müsse er jedoch nicht sein. „Seine Fotos sind am besten geworden“, betont Elisabeth Müller und ergänzt lachend: „Ich sehe auf dem Bildern etwas seltsam aus. Aber das tue ich immer.“

Ob das tatsächlich so ist, davon können sich Besucher noch bis zum 31. Januar überzeugen. Ausstellungsraum ist der Flur des Pflegeheims in der Nöschenröder Straße 48. Zu sehen sind farbige und schwarzweiße Fotografien in unterschiedlichen Formaten.

Eröffnet worden ist die Ausstellung mit einer Vernissage, zu der Angehörige, Interessierte und eine Schulklasse der Wernigeröder Liv-Ullmann-Schule in das Pflegeheim des Diakonischen Werkes im Kirchenkreis Halberstadt eingeladen waren. Gabriele Schwentek, Geschäftsführerin des Diakonischen Werkes, zeigte sich während der Ausstellung beeindruckt von den Bildern: „Diese Fotos gestandener lebenserfahrener Senioren können der Jugend Mut machen, dem Älterwerden mit Achtung, Offenheit und Zuversicht zu begegnen und entgegen zu gehen.“ Um diese Botschaft weiterzugeben, ist geplant, die Bilder als Wanderausstellung auch an anderen Orten zu zeigen.

Das Foto-Projekt soll keine einmalige Angelegenheit bleiben. „Wir wollen es im nächsten Jahr wiederholen, und hoffen auf noch mehr Teilnehmer“, sagt Petra Schulz.