1. Startseite
  2. >
  3. Lokal
  4. >
  5. Nachrichten Wernigerode
  6. >
  7. Schnelle Hilfe bei Schlaganfall

Gesundheit Schnelle Hilfe bei Schlaganfall

Zum Weltschlaganfalltag am 29. Oktober erklären Experten des Wernigeröder Harzklinikums, wie Patienten behandelt werden.

Von Katrin Schröder 29.10.2016, 01:01

Wernigerode l Signale wie diese verheißen nichts Gutes. „Halbseitige Lähmung, Doppelbilder, Sprachstörungen, starker Schwindel mit Geh- und Sehunfähigkeit“ – wer solche Symptome feststellt, sollte unter Telefon 112 den Krankenwagen rufen, sagt Dr. Frank Dömges. Er ist Chefarzt der Klinik für Neurologie im Wernigeröder Harzklinikum, zu der die sogenannte „Stroke Unit“ gehört. Was nach amerikanischer Krimiserie klingt, ist in Wirklichkeit eine Spezialabteilung für Schlaganfall-Patienten.

Seit 2006 gibt es die „Stroke Unit“ mit sechs Betten für akute Fälle, die von geschulten Ärzten, Pflegern und Therapeuten betreut werden. Im Notfall kann die Zahl auf zehn Plätze erhöht werden. „Für alle Patienten aus dem Harzkreis mit einer akuten Symptomatik ist Wernigerode die erste Anlaufstelle“, betont Dömges.

Das wissen in aller Regel die Rettungsdienste, die Patienten in die Einrichtung in der Ilsenburger Straße bringen. „Jeder Schlaganfall ist ein Notfall“, so Dömges und Dr. Janka Muchova, ärztliche Leiterin der Schlaganfall-Einheit. Die Ärzte appellieren an Betroffene, nicht zu warten. Wer früh fachlich versorgt wird, hat mehr Möglichkeiten bei der Behandlung.

Verursacht wird ein Schlaganfall meist durch eine Embolie – ein Blutgerinnsel, das ins Gehirn wandert und die lebenswichtige Durchblutung des Gewebes unterbricht. Das gilt für die überwiegende Zahl aller Schlaganfälle. In den ersten viereinhalb Stunden können die Ärzte versuchen, das Gerinnsel durch ein über die Venen verabreichtes Medikament, eine sogenannte Thrombolyse, aufzulösen. „Bei rund 20 Prozent der Patienten ist das möglich“, sagt Frank Dömges. Bei rund 20 Prozent aller Fälle ist das Problem im Herz zu verorten, in selteneren Fällen sind Blutgerinnungsstörungen oder Entzündungen verantwortlich.

Jeder Patient wird bis zu drei Tage rund um die Uhr beobachtet, Blutdruck, Blutzucker und der Sauerstoffgehalt des Blutes werden kontrolliert. Per Infusion erhalten Patienten blutverdünnende Medikamente. „Mit der konservativen Therapie sorgt man dafür, dass kritisch durchblutetes Gehirngewebe gerettet wird“, so der Chefarzt.

Zugleich beginnt früh der Kampf gegen Sprachstörungen und Bewegungsunfähigkeit. Früher habe man Patienten anfangs geschont, doch das ist passé, sagt Janka Muchova. „Heute motivieren wir die Patienten gleich am ersten Tag nach der Einlieferung, an den Therapien teilzunehmen.“ Meist können Patienten nach zwei bis drei Tagen auf eine normale Station verlegt und in die Reha überwiesen werden.

400 bis 450 Fälle werden im Schnitt pro Jahr in Wernigerode behandelt – Tendenz steigend. Das liegt daran, dass immer mehr Menschen an hohem Blutdruck, Diabetes und Übergewicht leiden, aber auch am steigenden Lebensalter. Jüngere können sich dennoch nicht in Sicherheit wiegen. Rund 15 Prozent der Patienten sind jünger als 45 Jahre, sagt Dömges. „In dieser Altersgruppe ist ein Schlaganfall die häufigste Ursache für eine Behinderung.“

Das Leben der Betroffenen ändert sich durch einen Schlaganfall oft dramatisch, sagt Angelika Wilmans. Die Wernigeröderin leitet die Selbsthilfegruppe für Schlaganfallpatienten, die sich monatlich im Senioren- und Familienhaus Steingrube 8 trifft. „Ich bin da, um Zeit zu schenken, damit die Patienten sehen, dass sie nicht allein sind“, sagt die 60-Jährige, die selbst nicht betroffen, aber Risikopatientin ist.

Derzeit hat die Gruppe sieben Mitglieder, weitere sind willkommen. Nicht nur Patienten, sondern auch Angehörige suchen Rat und Hilfe. „Kein Schlaganfall ist wie der andere“, weiß Angelika Wilmans. Jedes Gruppenmitglied hat mit anderen Symptomen zu kämpfen. Während der eine sein Gedächtnis verloren hat, sucht die andere nach den richtigen Worten. Doch die Treffen sollen Spaß machen, sagt Angelika Wilmans. „Wir reden nicht nur über Krankheit. Wir wollen lachen und fröhlich sein.“

Der nächste Termin ist am Donnerstag, 17. November, um 14.30 Uhr im Senioren- und Familienhaus. Ab 2017 trifft sich die Gruppe an jedem dritten Dienstag des Monats.

 

Informationen unter Telefon (0 39 43) 60 50 44