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Haushalt Extrem spät und im Minus

Der Wernigeröder Haushalt ist beschlossen - trotz eines millionenschweren Minus unter dem Strich.

Von Katrin Schröder 25.06.2016, 01:01

Wernigerode l Zweimal Nein, fünf Enthaltungen, der Rest Ja-Stimmen: Der Wernigeröder Stadtrat hat mit großer Mehrheit den Haushalt 2016 abgesegnet. Der Anlauf war ungewöhnlich lang: Monatelang hatten sich die Beratungen hingezogen, immer neue Zahlen wurden genannt – wegen der laufenden Arbeit an der Eröffnungsbilanz, die die Basis für den Haushalt bilden sollte. Die endgültige Version des Zahlenwerks soll nun Ende des Jahres vorliegen, mit dem Etatentwurf hat die Kämmerei eine vorläufige Bilanz vorgelegt.

Ungewöhnlich ist ebenso, was unter dem Strich steht: ein dickes Minus. Rund 6,5 Millionen Euro groß ist das Finanzloch im Haushalt. „Das hat es noch nicht gegeben“, sagte Oberbürgermeister Peter Gaffert (parteilos) im Stadtrat und erklärte: „Wir haben in diesem Jahr fast keine Zuweisungen vom Land erhalten.“ Das Jahr 2014 brachte ungewöhnlich hohe Steuereinnahmen, aufgrund derer die Zuweisungen für 2016 berechnet wurden. Weil aber das Geld von 2014 auf der hohen Kante liegt, kann die Kämmerei das Loch stopfen.

Dass die Stadt wirtschaftlich gesund sei, zeige sich laut Gaffert daran, dass sie trotz Investitionen von 12,3 Millionen keine Kredite aufnehme. Stattdessen leiste sie freiwillige Aufgaben, die ihre Attraktivität erhöhen. Gaffert warnte, hier zu sparen. „Wir sollten den Vorsprung, den wir gegenüber anderen Städten haben, halten.“ Schwierig sei, dass in den Jahren 2017 bis 2019 jeweils rund eine Million Euro im Haushalt fehlen werde. Ab Herbst soll sich eine Arbeitsgruppe aus Verwaltung und Finanzausschuss damit befassen.

„Wir erleben einen Haushalt der Extreme“, sagte Karl-Heinz Mänz, Fraktionschef von CDU und Haus & Grund. Für geplante Projekte sei die Verspätung nicht gut. „Wichtige Investitionen verzögern sich und werden teurer.“ Mit Steuereinnahmen von rund 29,2 Millionen Euro sei die Stadt leistungsfähig, doch wegen der absehbaren Defizite sei sparen angesagt: „Alle Aufgaben müssen auf den Prüfstand.“ Eine Erhöhnung der Grundsteuer B von 360 auf 420 Punkte, wie sie die Verwaltung ab 2017 vorschlägt, lehne seine Fraktion ab.

Linke-Fraktionschef Thomas Schatz entgegnete Mänz: „Das werden Sie nicht durchhalten.“ Sparen und mehr einnehmen – beides sei nötig: „Aber nicht auf Kosten der sozial Schwächsten.“ Er kritisierte Landespolitiker, die Kommunen mit Förderschecks zu teuren Vorhaben „verführen“ und sie mit neuen Aufgaben eindecken, ohne dafür Geld zu geben.

Optimistisch zeigte sich der SPD-Fraktionsvorsitzende Rainer Schulze. „Wir investieren in Projekte, die uns für die Zukunft fit machen.“ Auch wenn die Stadt „an die Grenze der Belastungsfähigkeit“ gelange, sei der Weg richtig. „Unsere Einnahmen werden steigen. Das ist eine realistische Annahme.“ Dennoch werden die Einwohner stärker zur Kasse gebeten. „Wir müssen die Belastungen gut und logisch erklären. Eine Stadt wie Wernigerode und ihre hohe Lebensqualität bekommen wir nicht umsonst.“

Einige Änderungen wurden beschlossen. Statt 10 000 Euro stehen 30 000 Euro für den Ausbau der Straße Stapenberg in Benzingerode bereit. Gestrichen wurde der Bau eines neuen Forstwegs. Die Ausgaben für neue IT im Ratssaal wurde um mehr als die Hälfte reduziert.