Homo-Ehe Zwei Frauen trauen sich

Vor drei Monaten wurde die Ehe für alle beschlossen. In Wernigerode ist sie für zwei Paare Realität geworden.

Von Julia Bruns 07.10.2017, 01:01

Wernigerode l Mit etwas Verspätung trifft das Brautpaar am Freitag um 10.30 Uhr am Wernigeröder Rathaus ein, sehnsüchtig erwartet von Eltern, Geschwistern und Freunden. Ein emotionaler Tag liegt vor der Hochzeitsgesellschaft. Das Wetter hält sich erstaunlicherweise, der Sekt ist kalt, die siebenjährige Tochter Nele hält den Korb mit den Blütenblättern aufgeregt in den Händen. Die Musik erklingt im Trauzimmer – „My heart will go on“. Die Brautmutter trocknet die ersten Tränen der Rührung vorsichtig mit dem Taschentuch. „Heute beginnt ein neues Kapitel der Geschichte Ihrer kleinen Familie“, sagt Katrin Hartmann in feierlichem Ton. Die Standesbeamtin im Wernigeröder Rathaus hat schon etliche Ehen geschlossen, doch an diesem Freitag darf sie einen besonderen Bund fürs Leben besiegeln: Mit Peggy Trautmann und Maren Toerne traut sie das erste gleichgeschlechtliche Paar in Wernigerode.

Gleich zwei lesbische Hochzeitspaare haben sich für diesen Freitag angemeldet. Seit 1. Oktober können homosexuelle Paare in Deutschland die Ehe eingehen. Zuvor gab es seit 2001 die eingetragene Lebenspartnerschaft für gleichgeschlechtliche Partner. Sie bedeutete Pflichten wie bei Ehepartnern, aber minimale Rechte. Von Mietrecht bis Erbrecht und Steuerrecht, bis zur Adoption leiblicher Kinder – viele Rechte gelten für homosexuelle Partner erst mit der Ehe für alle. „Für mich macht es keinen Unterschied, ob ich Mann und Frau oder Frau und Frau traue“, sagt Katrin Hartmann. Auch der Unterschied zwischen der Ehe für alle und der Lebenspartnerschaft sei für sie als Standesbeamtin kaum spürbar. „Ich behandele alle, die hier heiraten, gleich“, sagt sie.

Und so fließen auch während der Trauung der beiden jungen Frauen reichlich Tränen. Seit einem Jahr sind sie ein Paar. Kennengelernt haben sie sich bei der Bundeswehr in Marienberg, wo beide in der Personalabteilung tätig sind und auch ihren Lebensmittelpunkt haben. „Es war eher Liebe auf den zweiten, wenn nicht sogar dritten Blick“, verrät Maren Toerne nach der Trauung. Den Antrag habe sie ihrer Peggy bereits im Januar gemacht. „Damals stand noch nicht fest, dass gleichgeschlechtliche Partner heiraten dürfen – aber wir wussten, dass es irgendwann so weit sein würde“, erinnert sie sich. Dann, als der Bundestag Ende Juni mit 393 Ja-Stimmen gegenüber 226 Mal Nein für die Ehe für alle stimmte, sei auch die Freude bei ihnen groß gewesen. „Das hat einfach perfekt gepasst“, sagt Maren Toerne. Die 29-jährige Peggy habe dann das Datum ausgewählt – kein Zufall, denn es ist gleichzeitig Marens 30. Geburtstag. „Für mich war es klar, dass wir in Wernigerode heiraten würden“, sagt Maren Toerne. „Hier bin ich geboren, hier ist mein Vater beerdigt, und mit der Hochzeit verbinde ich nun wieder etwas richtig Schönes mit der Stadt.“

Die Ehe für alle sei für sie lange überfällig gewesen. „Jetzt gibt es keinen Unterschied mehr“, sagt Maren Toerne. „Zwei Menschen heiraten, weil sie sich lieben.“ Und was bedeutet das für sie persönlich? „Alles, es heißt für uns, dass es für immer ist. Eben der Bund fürs Leben.“