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Hotel-Andenken Was vom „Heine“ übrig bleibt ...

Das Schierker Hotel „Heinrich Heine“ existiert nicht mehr. Beim Abriss der einstigen Luxusherberge sind etliche Fundstücke gerettet worden.

Von Ivonne Sielaff 08.01.2017, 00:01

Schierke l Die Flasche ist dunkelgrün. „W. Pelz Bierverlag Braunlage“ steht auf dem Bügerkorken aus Porzellan. Auf den Glaskörper ist der Schriftzug „Unverkäuflich“ geprägt. Das Bier darin schäumt zwar noch ein wenig, ist aber längst nicht mehr zu genießen. Die Flasche ist gut 60 Jahre alt.

Sie stammt aus den Trümmern des Hotels „Heinrich Heine“. Das einstige Schierker Luxushotel wurde im vergangenen Jahr abgerissen. Auf dem Gelände entsteht derzeit eine schicke Ferienhaussiedlung mit über 190 Betten.

Die Zeit des „Heines“ ist damit abgelaufen. Die Schierker hängen aber nach wie vor an dem alten Hotel. Vor der Wende war es für die meisten DDR-Bürger unerreichbar, weil es in der Sperrzone lag und der politischen Elite und den Besserbetuchten vorbehalten war. Die Einwohner des Brockendorfes jedoch gingen in der Nobelherberge ein und aus, verdienten dort ihren Lebensunterhalt, besuchten Veranstaltungen, speisten im Restaurant oder tanzten im Dachsbau.

„An dem Haus hängen viele Erinnerungen“, sagt Schierkes Bürgermeisterin Christiane Hopstock (CDU). Deshalb ist es ihr so wichtig, Andenken wie die alte Bierflasche zu bewahren. Vor dem Abriss des Hotels habe sie die Bauarbeiter zum Grillabend eingeladen. Mit Hintergedanken, wie sie verrät. „Ich habe sie gebeten, dass sie alle Erinnerungsstücke, die sie während der Abrissarbeiten finden, für mich sammeln.“

Dabei ist einiges zusammengekommen. Im einem der Keller wurde beispielsweise eine Kiste mit Mocca-Geschirr entdeckt. Die Tassen, Kännchen und Unterteller sind allesamt mit einer grünen Tanne, dem Logo des „Heines“, verziert. Außerdem gefunden wurden ein Sektkühler mit Herzdeko, ein weiterer in Pink, Verpflegungsmarken, Stempel aus den 1940er Jahren mit den Öffnungszeiten des Hotels, ein Feuerhaken, ein Messer, in welches der alte Name des Hotels „Fürst zu Stolberg“ eingraviert ist. Reste von Stofftapeten wurden aus der Ruine gerettet – aus dem Tanzrestaurant Dachsbau ein bleiverglastes Fenster, Teile der Holzvertäfelung und die Leuchschrift, der Mosaikschmuck aus der Bar sowie sämtliche Granitblöcke des Portals. Die verwitterten Buchstaben, die bis vor Kurzen über dem Eingang den Schriftzug „HOTEL HEINRICH HEINE“ bildeten, lagern nun in einer Holzkiste.

Verschwunden sind dagegen die Leuchtbuchstaben vom Eingangsbereich. Sie wurden in einer Nacht- und Nebelaktion und ohne Wissen der Wernigeröder Stadtverwaltung abmontiert und sind inzwischen in einem Berliner Museum aufgetaucht. Seit Monaten werde versucht, eine Einigung mit dem Museum zu finden und die Lettern zurückzubekommen, bestätigt Andreas Meling, Schierke-Beauftragter im Wernigeröder Rathaus. Denn auch die Buchstaben waren prägend für das Hotel.

„All diese Gegenstände sind zwar keine echten Schätze. Für uns Schierker bedeuten sie aber ein Stück Geschichte“, sagt Christiane Hopstock. Die Fundstücke seien das einzige, was von dem Haus übrig bleibe – sie und die Erinnerungen.

Ob und wo die Funde einmal ausgestellt werden, steht noch nicht fest. „Die Heimatstube ist dafür zu klein“, sagt die Bürgermeisterin. Sie hoffe darauf, dass sich in dem neuen Feriendorf, dem Heinrich-Heine-Resort, ein Plätzchen für die Sammlung findet.

Hintergrund: Das Hotel „Heinrich Heine“ schloss 1995 seine Pforten, stand seither leer und verfiel. 2013 ersteigerte die Stadt Wernigerode den Hotelkomplex samt umliegendem Gelände für 14 48 50 Euro, um die touristische Entwicklung des Areals steuern zu können. Ziel war, das Gebäude oder zumindest Teile davon zu erhalten. Nässe, Hausschwamm und Schimmelpilze hatten dem alten Gemäuer jedoch heftig zugesetzt, sodass es einzustürzen drohte und nicht mehr zu retten war. Das Gelände hat die Stadt inzwischen an die Heinrich-Heine-Resort GmbH verkauft.