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Knallerserie Sprengstoff statt Polenböllern

Fast jede Nacht detonieren in Wernigerode Feuerwerkskörper. Ein Pyrotechniker vermutet, dass die Täter Blitzknallsätze verwenden.

Von Holger Manigk 15.01.2017, 00:01

Wernigerode l Die Knallerserie in Wernigerode reißt nicht ab. Feuerteufel benutzen dabei nicht nur Böller, sondern Sprengstoff, vermutet Stephan Hemp. Der Pyrotechniker höre fast täglich die Detonationen in der Gegend um die Ilsenburger Straße und die Malzmühle.

„Der Knall ist jedes Mal extrem laut, die Wände unseres Hauses wackeln“, sagt der Feuerwerksexperte aus Unterhasserode. Solche Detonationen könnten nicht mit normalen Böllern ausgelöst werden. „Ich schätze, dass die Täter rund 500 Gramm schwere Blitzknallsätze verwenden“, erläutert der ausgebildete Pyrotechniker. „Zum Vergleich: In handelsüblichen Silvesterböllern stecken nur 15 bis 30 Gramm Sprengstoff.“ Der Unterschied sei deutlich hörbar.

Hemp ist verwundert, dass die seit November andauernde Serie von Detonationen bislang nicht aufgeklärt wurde. Es sei lediglich eine Frage der Zeit, bis ein größeres Unglück passiere, sagt er. „Detoniert ein solcher Sprengsatz in einem Papierkorb, entwickeln die Trümmer solche Wucht, dass sie Autotüren durchschlagen können.“

Die nötigen Bestandteile für die Bomben ließen sich unkompliziert im Internet bestellen. „Es gibt viele gute Anbieter, aber auch unseriöse, die Kunden ohne Prüfung einer Pyrotechnik-Lizenz alles verkaufen“, berichtet Stephan Hemp. Leider sei es viel zu einfach, im Internet an Material und Bauanleitungen für Kugelbomben zu gelangen.

Dadurch gerate die gesamte Branche der Feuerwerker in Verruf. Nachbarn hätten Stephan Hemp schon gefragt, ob er abends heimlich im Garten mit Pyrotechnik experimentiere – und somit für die Knallerserie in Wernigerode verantwortlich sei. „Dieser Verdacht ist vollkommen unbegründet.“

Ebenso falsch sei der häufig verwendete Begriff „Polenböller“. „Alle Feuerwerkskörper, die es bei uns auf dem Markt gibt, werden in China hergestellt“, sagt der Pyrotechniker. Einige polnische Vertriebsfirmen würden sich nur nicht an die deutschen Sprengstoff-Vorschriften halten. „Doch es gibt dort auch viele seriöse Anbieter“, sagt Stephan Hemp.