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Luftfahrtmuseum Die Heinzelmänner vom Gießerweg

Zwei ehemalige Mitarbeiter sind dreimal wöchentlich im Wernigeröder Luftfahrtmuseum, um Heinzelmännchen-Arbeiten zu erledigen.

Von Ivonne Sielaff 29.04.2017, 01:01

Wernigerode l „Wenn man einmal reingeschnuppert hat, kommt man nicht mehr davon los. Den Spleen behält man.“ Walter Tänzler lässt den Blick über „seine“ Maschinen schweifen – eine MIG 21, eine Starfighter, eine Hunter F 4. Der 66-Jährige kennt die Flugzeuge im Wernigeröder Luftfahrtmuseum in- und auswendig – im wahrsten Sinne des Wortes. Denn Tänzler hat sie zusammengebaut. Inzwischen ist er längst Rentner. Sein Herz schlägt noch immer für die Maschinen.

Sechs Jahre lang war er in dem Museum von Clemens Aulich angestellt. „Nach drei Herzanfällen ging es auf dem Bau nicht mehr“, sagt der gelernte Baumaschinist. „Ich musste mir etwas anderes suchen.“ Die Arbeit im Museum lag ihm. „Ich habe seit Jahrzehnten mit Modellflugzeugen zu tun, bin Mitglied im MFC Wasserleben. Im Museum durfte ich an großen Maschinen herumschrauben“, sagt Tänzler. Und er kann es bis heute nicht lassen. „Ich kann nicht nur zu Hause sitzen. Ich brauche Beschäftigung.“

So wie Kollege Rolf Dümmler, der seit 1995 im Luftfahrtmuseum arbeitet. „Ich bin seit der Gründung dabei, habe in jedem der Flugzeuge meine Finger mit drin gehabt“, sagt der 69-Jährige.

Dreimal pro Woche sind die Rentner im Museum am Gießerweg. Nicht etwa als Besucher, sondern um zu arbeiten. „Das sind zum Teil Heinzelmännchenaufgaben, die erledigt werden müssen“, sagt Walter Tänzler. „Wenn eine Tür klemmt, ein Lichtschalter kaputt ist, irgendwo ein Teil locker ist oder Löcher zuzuschmieren sind, dann sind wir zur Stelle.“ Auf Wunsch führen sie Besucher durch die Ausstellungshallen. Zudem kümmern sie sich um den Erhalt der Exponate. „Die Antonow, die 15 Jahre vor dem Museum stand, haben wir überarbeitet“, sagt Rolf Dümmler. Der Zahn der Zeit hatte an der Maschine genagt. „Wir mussten sie auseinander nehmen und neu aufbauen.“

Das Schwierige dabei – die Männer können oft nicht auf Aufbauanleitungen oder Handbücher zurückgreifen. Die Maschinen waren allesamt vorher im Einsatz. Sie kommen als Wracks oder in Teilen ins Museum. „Aber dieser Militärschrott ist Goldstaub für uns“, sagt Tänzler. „Wir recherchieren viel im Internet, suchen nach Unterlagen. „Oftmals probieren wir einfach aus. Meist ist es nur eine spezielle Schraube, die passt.“

So war es auch bei dem Hubschrauber, den eine britische Special-Effects-Firma für den nächsten James-Bond-Film gekauft hat. „Fünf Jahre lang haben wir an der Maschine gearbeitet, haben sie aus mehreren Hubschraubern zusammengesetzt“, erinnert sich Walter Tänzler. Er sei schon ein bisschen traurig, dass ihr Werk nicht ins Museum zurückkehrt. „Man hängt ja dran. Auf der anderen Seite sind wir natürlich sehr stolz.“

Wie auch auf das Cockpit, dass sie für Steven Spielbergs Film „Bridge of Spies“ gebaut haben. Der Hollywood-Regisseur war von dem Modell so begeistert, dass er es für sein Privatmuseum behalten wollte. „Das ist doch schon was“, sagt Tänzler.

Momentan tüfteln die Männer mit ihrem Kollegen Mathias Kögler an einer Vitrine. Auf der gesamten Länge der neuen Halle soll die Geschichte der Cockpits präsentiert werden. Ein großes Projekt, mit dem sie noch Wochen beschäftigt sind. Außer, es ist wieder irgendwo ein Teil locker.