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Naturschutz Massenwanderung mit tödlichem Ausgang

Alle Jahre wieder das Problem: Auf der Krötenwanderung verenden viele Tiere beim Überqueren einer Straße in Wernigerode.

Von Katrin Schröder 09.04.2017, 08:06

Wernigerode l Wenn es dunkel wird, erwacht der Lange Stieg in Oberhasserode zum Leben. Zahlreiche Kröten begeben sich zwischen Nesseltal und Schmiedeberg auf den Weg über die Straße. „Es quakt wieder überall“, sagt Anwohner Henrick Günnel. Viele Lurche geraten jedoch unter die Räder vorbeifahrender Autos und überleben ihre Wanderung nicht.

Deshalb geht Günnel regelmäßig abends und in der Nacht hinaus und sammelt die Tiere ein. „Die Straße ist oftmals von Leichen übersät. Mir blutet da immer das Herz.“ Die Kröten kommen aus dem Wald und wandern durch die Gärten, weiß Wernigerodes Umweltbeauftragter Ulrich Eichler. Ihr Ziel ist der Teich neben dem Hasseröder Burghotel, wo die Tiere ihren Laich ablegen. „Sie sind dort selbst geboren“, so Ulrich Eichler.

Um Autofahrer auf die hüpfenden Passanten aufmerksam zu machen, haben die Mitarbeiter des städtischen Gartenamtes Warnschilder aufgestellt. Doch viele beachten die Hinweise nicht und fahren rücksichtslos, beobachtet Henrick Günnel. Das bestätigt Detlef Jahn. Der Mitarbeiter des Gartenamtes fährt täglich mit seinen Kollegen den Langen Stieg ab und sammelt ebenfalls Kröten auf. „20 habe ich zuletzt gefunden“, sagt er. Wenn es regnet, sind mehr Tiere unterwegs.

An der Teichmühle in Wernigerode können Lurche einen eigens gebauten Krötentunnel nutzen. „70 Prozent der Tiere krabbeln dort hindurch“, sagt Detlef Jahn. Im Wildpark „Christianental“ und im Zwölfmorgental bauen die Mitarbeiter des Gartenamtes Krötenzäune auf, um die Tiere zu schützen. Bis vor wenigen Jahren habe man dies auch am Langen Stieg getan – auf den angrenzenden Gartengrundstücken und mit Zustimmung der Eigentümer. Inzwischen seien die Grundstücke verwildert und vernachlässigt. Es gebe keinen Ansprechpartner, die Gärten seien verschlossen.

Die Stadtverwaltung könne da wenig tun, sagt Kerstin Brüning vom Liegenschaftsamt. „Bis auf einen sind alle Gärten direkt am Langen Stieg in Privatbesitz.“ Die Gründstücke gehörten verschiedenen Eigentümer, die sich offensichtlich nicht um ihr Land kümmern. „Solange keine Gefahr von einem privaten Grundstück ausgeht, ist man als Eigentümer nicht zum Handeln verpflichtet“, sagt Kerstin Brüning. Die Optik zähle da nicht.

Henrick Günnel wird ebenfalls weiter Kröten einsammeln und damit manche von ihnen vor dem Unfalltod retten. „Ich tue das gerne“, sagt er. Schön wäre aber, wenn sich ihm weitere Nachbarn anschließen würden. Angst vor den Kröten müsse niemand haben. „Die tun doch nichts,“ ergänzt Detlef Jahn.