Oldtimer Britisches Flair im Harz

Wenn Hans Hellerling seinen „Merlin TF“ aus der Garage holt, dann drehen sich die Leute nach dem 66-Jährigen und seinem Auto um.

Von Frank Drechsler 18.07.2017, 23:01

Elbingerode l Gerade mal 350 Stück wurden von diesem Typ gebaut. Die Chancen, hier im Harz einen dieser britischen Roadster zu Gesicht zu bekommen, gehen quasi gegen Null. Umso größer das Erstaunen vieler, wenn Hans Hellerling aus Elbingerode mit seinem Schätzchen in Städten und Dörfern vorfährt. Sein „Merlin TF“ trägt die Nummer 321 und ist wie die anderen auch ein ordentlicher Langhuber. „Damit lässt es sich trefflich cruisen. Die Fahrt ist das Ziel“, sagt der 66-Jährige.

An dem Auto schätzt er vor allem die Einfachheit der Technik. Die komme gänzlich ohne Elektronik aus und sei somit auch nicht so störanfällig. „Kein synchronisiertes Getriebe, kein Bremskraftverstärker und auch keine Servolenkung. Hier ist Handarbeit gefragt. Aber wenn man solch ein Auto einmal gefahren ist, weiß man, dass alles andere eigentlich nur fahrende Computer sind. Furchtbar“, sagt der Oldtimerfreund im Gespräch mit der Volksstimme.

Auf der Haben-Seite glänzt das 680 Kilogramm Leichtgewicht mit klassischer Eleganz. Und geizt auch nicht mit jeder Menge Accessoires, die den Charme des Fahrzeugs erhöhen. Die Karosse steht auf polierten Felgen im Speichendesign der Größe 6J-14, die mit 185R14 Pneus bereift sind. Gesteuert wird das Auto mit einem Holzlenkrad des britischen Herstellers Mountney. Alles ist original, betont der stolze Besitzer. Darüber hinaus gibt es jede Menge blitzenden Chrom, feinstes Leder für die Sitze, polierte Instrumente und Armaturen.

Für den im Jahr 1986 gebauten Wagen hat Hans Hellerling seit 2016 das begehrte H für sein Kennzeichen erhalten. Ist ein Auto 30 Jahre alt, gilt es als Oldtimer und kann entsprechend günstig versichert werden. Dies sei ein wichtiger Faktor im Unterhalt. Denn Oldtimer sind, bis sie so restauriert wie dieser Merlin auf die Straße kommen, alles andere als sparsam. Vom Kaufpreis abgesehen, habe die Restaurierung einiges an Zeit und Geld verschlungen, macht Hans Hellering deutlich.

Seine Liebe zu Oldtimern reicht weit zurück. Als Kind habe er einen „BMW Dixi“ bewundert, der einem Wernigeröder Fuhrunternehmer gehörte. Seitdem hat ihn die Leidenschaft für die alten automobilen Schätzchen nicht mehr verlassen. „Während meines Arbeitslebens bin ich auch Motorrad gefahren. Das ist mir in den letzten Jahren zu gefährlich geworden“, sagt der frühere Gasmonteur. „Die Bikes wurden verkauft, dafür habe ich den Roadster angeschafft. Es war die beste Entscheidung, die ich treffen konnte.“

Nach 46 Jahren Arbeit genießt der Elbingeröder nun seit 2009 als Ruheständler auf seinen Ausflügen jeden Kilometer in vollen Zügen. Auf Kinder, die ihn fragen, weshalb „der Onkel auf der falschen Seite sitzt und das Auto ja gar kein Dach hat“, antwortet Hans Hellerling, dass dafür das Geld nicht gereicht habe. Natürlich könne sein Auto nicht nur oben ohne. Bei Bedarf fährt er das Dach aus.