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Umnutzung Wirbel um Liebfrauenkirche

Die Liebfrauenkirche in Wernigerode könnte zur Veranstaltungsstätte umgenutzt werden. Diese Nachricht sorgt für Wirbel.

Von Ivonne Sielaff 22.11.2016, 00:01

Wernigerode l Das Gerücht hat sich in Windeseile in Wernigerode verbreitet. Die Liebfrauenkirche soll verkauft werden. Auch die Redaktion der Volksstimme erreichten viele besorgte Anrufe.

„Das sind keine geheimen Vorgänge“, sagt Siegfried Siegel auf Nachfrage. Siegel, Vorsitzender des Gemeindekirchenrats St. Sylvestri und Liebfrauen, versteht das öffentliche Interesse. „Die Überlegungen, die Kirche anderweitig zu nutzen, sind nicht neu.“ Die Gemeinde unterhält mit der Sylvestrikirche, der Liebfrauenkirche und der Theobaldikapelle drei Gotteshäuser in Wernigerode. „Für 1600 Gemeindemitglieder“, so Siegel.

Nur ein kleiner Teil davon würde aktiv an den Gottesdiensten teilnehmen. Darüber hinaus sinken die Mitgliederzahlen stetig. Die Gemeinde sei an der Grenze der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit. „Auf Dauer können wir uns die drei Häuser nicht leisten.“

Bis 2003 sei intensiv über eine Umnutzung der Liebfrauenkirche beraten worden. Es habe etliche Gespräche zwischen Gemeinde, Landkreis, Stadt, Kammerorchester und Musikschulen gegeben. Ein Wernigeröder Architektenbüro befasste sich mit der baulichen Umgestaltung. Es gab einen Projektmanager, Studien wurden erarbeiten. „Wir haben viel Geld und Zeit investiert. Die Idee war, die Kirche zur Veranstaltungsstätte umzuwandeln. Stichwort Kulturkirche.“

Die Überlegungen seien jedoch im Sande verlaufen. Das Projekt wurde auf Eis gelegt. Die Gemeinde habe sich diesen Weg dennoch offen gehalten, so Siegfried Siegel. Es habe sogar einen Beschluss der Gemeinde für die Umnutzung der Kirche gegeben.

Warum ist das Thema nun wieder relevant? „Weil sich die Rahmenbedingungen geändert haben“, sagt Siegel. Es gebe einen Interessenten für das benachbarte Pfarrhaus. Das leerstehende Gebäude gehört der Stadt, die sich seit Jahren um einen Käufer bemüht.

Aus dem Rathaus wird das Kaufinteresse bestätigt. „Ja, es gibt einen Interessenten“, sagt Baudezernent Burkhard Rudo auf Volksstimme-Nachfrage. Der Stadtrat habe den Verkauf des Hauses beschlossen. „Es ist aber noch nichts unterschrieben. Wir befinden uns in Verhandlungen.“ Der Interessent sehe eine Wohn- und touristische Nutzung für den Gebäudekomplex vor. Der Investor habe signalisiert, einen Teil des Hauses für das Projekt Kulturkirche zur Verfügung zu stellen, sagt Siegfried Siegel.

Diese Nachricht habe neuen Aufwind gegeben. „Denn wir brauchen auch das Nebengebäude für die Kulturkirche.“ Am 26. Oktober habe es eine Gemeindeversammlung gegeben. „Wir müssen nun beraten, ob wir an dem Beschluss, die Kirche umzunutzen, festhalten.“

Die Versammlung wird derzeit ausgewertet. Die Entscheidung soll möglichst zügig fallen. Es gebe jedoch noch viele Baustellen. So müsse vorher mit allen potenziellen Partner gesprochen werden.

„Fakt ist, die Umnutzung ist die letzte Chance, die Liebfrauenkirche in öffentlicher Nutzung zu halten“, sagt Siegfried Siegel. Zugleich sei es eine Möglichkeit, im Zentrum der Stadt einen großen Raum für Kultur zu schaffen. In welcher Rechtsform dies geschehen könne, sei noch völlig offen – ob mit einer Stiftung oder tatsächlich dem Verkauf des Gebäudes.

Was die Spendenaktion für die Sanierung der Sauerorgel betrifft, da kann Siegfried Siegel die Gemüter schon jetzt beruhigen. Das Projekt sei auf einem guten Weg, die vielen Spenden sehr erfreulich, um den Eigenanteil der Gemeinde zu finanzieren. Auch wenn die Kirche zukünftig eventuell als Veranstaltungsstätte genutzt wird, wäre die Orgel weiter öffentlich zugänglich. „Niemand muss Sorge haben, dass das wertvolle Instrument privat unter Verschluss gehalten wird.“