Abriss Bahnwärterhaus fällt

Das Stellwerkhäuschen am Bahnübergang Glindenberger Straße in Wolmirstedt wird abgerissen. Der Übergang ist bis zum 17. Mai gesperrt.

Von Gudrun Billowie 08.04.2017, 01:01

Wolmirstedt l Dem alten Bahnwärterhäuschen werden derzeit die Innereien entrissen. Wandverkleidungen, Fenster und Türen werden herausgeworfen. In der Nacht zum Sonntag soll das ganze Haus fallen. In dieser Zeit dürfen dort keine Züge die Strecke passieren. Am kommenden Sonntag, 9. April, wird dann nur noch ein großer Schutthaufen übrig sein. Während der beräumt wird, rollt der Zugverkehr wieder planmäßig.

Viele Bürger beobachten die Bauarbeiten am Bahnübergang und manche blicken mit Wehmut auf den Abriss des kleinen Stellwerks. Der Glindenberger Ortsrat Thomas Schlenker (Grüne) gehört zu denen, die sich im Bauausschuss eine Debatte über die Nachnutzung dieses Gebäudes gewünscht hätten. Die konnte es jedoch nicht geben, da die Bahn im Vorfeld über den Abriss nicht informiert hatte. Auch Thomas Schlenker hat erst aus der Volksstimme davon erfahren und ist fassungslos. „Das Bahnwärterhäuschen stellt ein Stück Eisenbahngeschichte der Stadt dar. Nach meiner Auffassung muss der Abriss gestoppt und erst einmal Nachnutzungsmöglichkeiten geprüft werden. Warum sollte sich das Gebäude nicht beispielsweise für ein Wohnhaus eignen?“

Für so eine Prüfung dürfte es nun zu spät sein. Es ist auch fraglich, ob der Abriss zu verhindern gewesen wäre. Das Häuschen muss unter anderem deshalb weichen, weil der Straßen- und Fußgängerbereich nach dem Umbau des Bahnübergangs breiter wird als bisher. Nach dem Abriss wird außerdem die Sicht im Kreuzungsbereich freier.

Vermutlich hat der Landkreis vom Abriss gewusst. Bestätigen kann das Pressesprecher Uwe Baumgart bisher nicht. Er erklärt aber auch: „Für den Abriss muss keine Genehmigung erteilt werden. Es genügt, wenn so eine Maßnahme angezeigt wird.“ Das sei ausreichend, solange das Gebäude nicht unter Denkmalschutz steht.

Das kleine Bahnwärterhäuschen steht nicht unter Denkmalschutz. Nur das Bahnhofsgebäude selbst wurde 1990 in die Denkmalliste aufgenommen, heißt es aus dem Landesamt für Bau- und Kunstdenkmalpflege. Das Empfangsgebäude stammt aus dem Jahr 1880. Es wird unter anderem als Ziegelbau im spätklassizistischen Stil mit flachem Walmdach beschrieben, mit schlichter Fassadengliederung durch Segmentbogenfenster. Vor zwei Jahren, im Juni 2015, wurde es vom Bodelschwingh-Haus ersteigert. Derzeit wird um ein förderfähiges Nutzungskonzept gerungen.

Das Bahnwärterhäuschen wurde im selben Stil erbaut wie das Bahnhofsgebäude. Warum es im Gegensatz dazu nicht als Denkmal gilt, erklärt Tobias Breer, der zuständige Gebietsreferent im Landesamt für Denkmalpflege: Mit der Veränderung der Gleis- und Nebenanlagen in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts sei der Charakter eines Bahnhofs des 19. und frühen 20. Jahrhundert verlorengegangen. Charakteristische Abläufe, die an Stellwerken und Bahnwärterhäuschen ablesbar sind, waren danach nicht mehr vorhanden. Heißt: Historiker erkennen die Historie nicht mehr.

Damit schlägt dem Häuschen am heutigen Sonnabend die letzte Stunde. Die Arbeitsstätte des Schrankenwärters hat ausgedient. Die Schrankenanlage wird künftig über ein elektronisches Stellwerk betrieben. Das bekommt sein Signal über den Schienenkontakt. Damit verkürzen sich vermutlich die Wartezeiten an den Schranken fortan.

Bis es soweit ist, müssen Autofahrer und Fußgänger den Bahnübergang Glindenberger Straße noch bis zum 17. Mai umgehen beziehungsweise umfahren. Die offizielle Umleitung erfolgt über Zielitz. Viele Ortskundige nutzen allerdings den Bahnübergang Gartenstraße, die Straße ist zurzeit stark befahren. Nach der Sanierung des Bahnübergangs wird es vier Schranken für den Autoverkehr sowie gesonderte Schranken für die Fußgänger geben.