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Bauernverband Schäfer sehen in Wölfen große Gefahr

Der Bauernverband Börde hat in Niederndodeleben zu einem Schäferstammtisch geladen. Das Thema: Wie soll mit dem Wolf umgegangen werden?

Von Detlef Eicke 03.02.2017, 00:01

Niederndodeleben l Emotionen sind im Spiel, als in der bis auf den letzten Platz besetzten „Tenne“ der Agrargenossenschaft Niederndodeleben Schäfer Staatssekretär Klaus Rehda (Bündnis 90/Grüne) von ihren Begegnungen mit dem Wolf und den daraus entstandenen wirtschaftlichen Schäden berichten. Aufmerksam verfolgen Landtagspräsidentin Gabriele Brakebusch (CDU), Klaus Rehda sowie Bundestags- und Landtagsabgeordnete die lebhafte Diskussion.

Urban Jülich, Vorsitzender des Bauernverbandes Börde, macht deutlich, dass das Wolfsmanagement in Sachsen-Anhalt „keine modische Worthülse“ sein darf. „Es geht um das Beobachten, Erfassen und Planen. Aber auch um sachbezogene und aktuelle Aufklärung der Öffentlichkeit sowie ein Netzwerk mit allen Beteiligten.“ Es müsse eine schnellere und unbürokratischere Bearbeitung bei Wolfsrissen erfolgen. „Anschaffung, Ausbildung und Haltung von Herdenschutzhunden müssen genauso gefördert werden wie Beihilfe zum Zaunbau“, macht Urban Jülich deutlich. Bauernverband sowie Fachausschüsse und -verbände der Schaf- und Ziegenhalter und -züchter regen an, die Aufnahme des Wolfes in das Länderjagdrecht zu prüfen. Außerdem solle bei auffälligen Tieren der Abschuss umgehend möglich sein, fordern die Betroffenen.

„Wir müssen miteinander reden und gemeinsam Lösungen finden“, sagt Klaus Rehda. Die Zahl der Wölfe sei gewachsen, sie breiten sich aus. „Dem müssen wir uns stellen. Ziel ist eine stabile Population.“ Es werde ein Wolfskompetenzzentrum eingerichtet, das solle noch im Februar geschehen. „Das Zentrum wird zentraler Ansprechpartner zum Thema Wolf sein.“ Klaus Rehda stellt heraus, dass die „Leitlinie Wolf“ überarbeitet worden sei. Die Definition, was ein Problemwolf sei, müsse besprochen und im Einzelfall entschieden werden, erläutert der Staatssekretär.

Der Wolf ist laut EU-Regeln eine streng geschützte Tierart. Das Bundesnaturschutzgesetz in Deutschland setzt den Schutz um. Die Rückkehr der Wölfe im Jahr 2000 habe Befürworter und Gegner auf den Plan gerufen. Behörden, Tierschützer, Naturschutzverbände, Viehzüchter, Parteien und Jagdverbände streiten um die weitere Verbreitung der Tiere. Deutschlandweit sind 69 Rudel mit jeweils fünf bis zwölf Tieren nachgewiesen worden. In Sachsen-Anhalt sind es derzeit etwa 80 Tiere. Betroffene Viehzüchter, die mit ihren Herden auch als Hüter der Kulturlandschaft unterwegs sind, verweisen darauf, dass die Zunahme der Wolfspopulation problematisch sei.

Thomas Prüfer, Fachausschussvorsitzender der Schaf- und Ziegenhalter des Bauernverbandes Sachsen-Anhalt, nennt Probleme der Weidetierhalter mit dem Wolf. „Die Geschichte des Wolfes ist keine Erfolgsgeschichte. Nicht der Wolf gehört auf die Rote Liste, sondern der Schäfer“, lautet sein Credo. Der Wolf dürfe sich nicht ausweiten. Er behindere den Beruf der Weidetierhalter nachhaltig. Und noch mehr Geld für den Tierschutz aufzuwenden, sei nicht zu schultern. „Im Fall eines Risses entschädigt zu werden, ist kein Ausgleich für den Aufwand, den wir Weidetierhalter betreiben müssen“, weiß Prüfer.

Einhelliger Tenor aller Beteiligten: Die Unterstützung für Betroffene, für die Weidehaltung immer schwieriger wird, muss gewährleistet werden. „Der Bauernverband fordert, die Höchstentschädigungssumme auf mindestens 30000 Euro festzulegen. Außerdem muss der Versicherungsschutz geregelt werden, wenn durch Wölfe Weidetiere ausbrechen und Schäden, zum Beispiel bei Verkehrsunfällen, verursachen“, stellt Urban Jülich fest. Die Politik müsse sich der Sorgen und Nöte der Bewohner des ländlichen Raumes annehmen, diesen Raum stärker in den Fokus stellen, so der Bauernverbandsvorsitzende. „Überzogener Artenschutz wie wir es beim Wolf erleben, macht die Arbeit der Schäfer zunichte. Außerdem zerstört er die Pflege der Kulturlandschaft und die Artenvielfalt.“

Bernd Österreich von der Wolfsreferenzstelle in Sachsen-Anhalt schildert die Risssituation für 2016. 58 Vorfälle habe es gegeben. 44 seien dem Wolf, 14 Hunden zugeschrieben und 135 Tiere – Schafe (85), Ziegen (2), Rinder/Kälber (18) und Gehegewild (30) – dabei getötet worden. Für die Schadensregulierung sind etwa 20 000 Euro, für vorbeugende Schutzmaßnahmen 100 000 Euro zur Verfügung gestellt worden. Deutschlandweit existieren heute 400 Wölfe. In zwei Jahren werden es 1000 sein. Es müsse über eine Obergrenze geredet und wenn nötig, über eine Entnahme befunden werden.