Dorfladen Rollläden bleiben zu

Der kleine Laden in Glindenberg ist geschlossen. Damit sind alle vier Wolmirstedter Ortsteile ohne Verkaufsstelle.

Von Gudrun Billowie 29.03.2017, 01:01

Glindenberg l Die Rollläden der kleinen Dorfladens sind seit dreizehn Tagen geschlossen. Seither steht Ulrich Müller nicht mehr in seiner kleinen Verkaufsstelle. Eigentlich wollte er den Laden bis zur Rente betreiben, doch der Verkauf warf zu wenig Gewinn ab. Nun hat der 59-Jährige eine Festanstellung gefunden und zugegriffen. Auch wenn das Herz blutet.

Für die Glindenberger kam das Aus völlig unvorbereitet und vielen wird der Laden wohl fehlen. Alfons Hesse, der Stadtratsvorsitzende, ist fast täglich dort gewesen und sagt „Ich bin über die Maßen betrübt.“ Die Schließung sei ein Verlust für das Dorfleben. Alfons Hesse hat die Nähe, die Bequemlichkeit, die diese Verkaufsstelle bot, immer geschätzt. „Ich musste wenige Schritte gehen und habe das beste Brot der Welt bekommen.“ Das Brot und die Brötchen hat Ulrich Müller jeden Tag frisch von einem Bäcker in Angern geholt. Morgens um sechs. Andere Waren besorgte er in der Mittagspause, nach Ladenschluss wartete die Buchführung. Seit der Wende ging das so, 27 Jahre lang.

Der Laden war gut sortiert, es gab 20 Sorten Bier, eine reich gefüllte Kühltheke, Zeitschriften, Waschmittel, Katzenfutter und alles, was sonst zu einem klassischen Tante-Emma-Laden gehört. Trotzdem sah Ulrich Müller keine Chance mehr. Die Leute kauften oft nur das, was sie im Großmarkt vergessen hatten. „Manche haben auch nach Spezialitäten gesucht, weil sie ein neues Rezept ausprobieren wollten“, erzählt Ulrich Müller. Wenn es möglich war, hat er das Unmögliche besorgt, manchmal konnte er so spontan nicht auf Sonderwünsche reagieren. Alles in allem wurde nicht ausreichend umgesetzt. „Schade für das Dorf, dass diese Einrichtung weggestorben ist“, sagt Ortsbürgermeisterin Gerhild Schmidt, „etwas fehlt.“

Kleine Dorfläden werden oft mit zwei Gedanken in Verbindung gebracht: dass sie als Orte sozialer Kontakte dienen und dass vorwiegend ältere Bürger dort einkaufen. Beide Klischees kann Ulrich Müller nicht bestätigen. „Vor allem die Berufstätigen haben hier eingekauft“, sagt er, „diejenigen, die sich nach Feierabend nicht noch einmal ins Auto setzen und zu den Supermärkten Wolmirstedts fahren wollten.“ Senioren, so hat er beobachtet, fahren bis ins hohe Alter selbst Auto und damit gerne zum einkaufen in die Kernstadt.

Auch als Umschlagstelle für Informationen aus der Nachbarschaft, für Gespräche zwischen Milchtüten und Kekspackungen, darüber wer gestorben sei oder ein Kind bekommt, sei der Laden nicht zwingend gebraucht worden. „Das Dorf ist gut durchstrukturiert“, sagt Ulrich Müller, „es gibt genug andere Treffpunkte.“

Dazu zählen die Volkssolidarität, die Feuerwehr oder der Chor. Ulrich Müller ist selbst ein zuverlässiger Teil dieses dörflichen Netzwerkes, unter anderem als Vorsitzender des Pferdesportvereins und als äußerst aktiver Mitorganisator der Glindenberger Feste aktiv. „Das soll auch so bleiben“, betont er.

Wer wollte, konnte Ulrich Müller als Wissensquelle anzapfen. „Als wir nach Glindenberg gezogen sind, habe ich von ihm viele Dorfgeschichten erfahren“, sagt Alfons Hesse. Aber er weiß auch, dass davon und von guten Wünschen kein Laden überleben kann. Ortsbürgermeisterin Gerhild Schmidt hofft dennoch, dass sich wieder jemand findet, der einen kleinen Laden in Glindenberg betreibt.