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Gastschüler Ein Mexikaner in Glindenberg

Der Mexikaner Mauricio Mai Tobon lebt seit August in einer Gastfamilie in Glindenberg. Für ein Jahr bewohnt er das Zimmer seiner Gastschwester.

Von Gudrun Billowie 22.10.2015, 01:01

Wolmirstedt l Mauricio Mai Tobon mag Glindenberg. „Hier kann man sich gut mit Freunden treffen“, sagt er. Die hat der 17-jährige Mexikaner in den Glindenberger Jugendlichen gefunden, obwohl er erst seit August dort lebt. „Abends treffen wir uns immer an der Laterne“, sagt er. Seine Gastmutter schmunzelt dazu. Sie lässt Mauricio erst gehen, wenn er sein Zimmer aufgeräumt hat. Mauricio findet das völlig in Ordnung.

Annett Basel hat selbst zwei Kinder. Janine ist etwa in Mauricios Alter und besucht zurzeit für ein Jahr eine Schule im US-Bundesstaat Michigan. „Mein Kind hat die Chance, ein Austauschjahr zu erleben“, sagt Annett Basel, „da wollten mein Mann und ich auch einem Jugendlichen diese Möglichkeit bieten.“

Der jüngeren Tochter Johanna Marie gefällt es, einen Gastbruder zu haben. Auch wenn er allzu oft keine Lust hat, mit ihr zu spielen, ihre Neckereien lässt er sich mit stoischer Ruhe gefallen. Das scharfe mexikanische Essen vermisst Mauricio nicht. Er hat Geschmack an Dönern gefunden.

Mauricio spricht perfekt Deutsch. Das hat er von früher Kindheit an gelernt. In Mexikos Hauptstadt besucht er eine deutsche Schule, an der deutsche Lehrer unterrichten. Der größte Unterschied zur mexikanischen Mentalität sei die Pünktlichkeit, erzählt er. Der Unterricht beginne genau mit dem Klingelzeichen, wer erst danach kommt, stehe vor verschlossener Tür. Deshalb sei ihm der Ablauf am Kurfürst-Joachim-Friedrich-Gymnasium nicht fremd vorgekommen. In seiner jetzigen zehnten Klasse, deren Klassenlehrer Herr Mras ist, fühlt er sich wohl.

Der Besuch der deutschen Schule in Mexiko ist kein Zufall. „Aber ausländische Schulen sind bei uns ganz normal“, sagt Mauricio, „es gibt auch französische oder englische.“

Seine Entscheidung für die deutsche Schule ist in den familiären Wurzeln begründet. Sein Großvater ist während des Krieges aus Dänemark nach Mexiko emigriert und lernte dort eine Schweizerin kennen. Wegen dieser Herkunft hat bereits Mauricios Vater eine deutsche Schule besucht. Mauricio und seine beiden Brüder setzen diese Tradition fort.

Mauricio wird für ein Jahr in Glindenberg leben und wenn er nach Hause zurückkehrt, wird er dem Abitur ein Jahr näher gerückt sein. „Danach möchte ich studieren“, sagt er. Ihn interessiert eine ingenieurtechnische Richtung.

Eine Austauschorganisation hat den Kontakt zur Glindenberger Gastfamilie hergestellt. Für Kost und Logis sorgen die Gasteltern. Für alles andere, was Mauricio sonst noch benötigt, kommen seine Eltern auf. Ebenso wird das Austauschjahr der Glindenberger Gastschwester Janine finanziert. Ihr scheint es in Michigan gut zu gehen. „Sie hat oft keine Zeit, mit mir zu reden“, sagt Mutti Annett, „sie ist so oft unterwegs.“ Annett Basel weiß genau, dass der seltene Kontakt zur Tochter ein Zeichen dafür ist, dass sie sich in Michigan pudelwohl fühlt. Und dasselbe wünscht sie sich auch für Mauricio.