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Gesundheitswesen Dem Port-Projekt fehlt die Zündung

Das Port-Projekt, mit dessen Hilfe die ärztliche Versorgung in Wolmirstedt verbessert werden soll, tritt auf der Stelle.

Von Gudrun Billowie 23.09.2016, 01:01

Wolmirstedt l Im Oktober müssen in Stuttgart die Karten auf den Tisch gelegt werden. Dann wollen die Förderer der Robert-Bosch-Stiftung wissen, wie weit das Port-Projekt in Wolmirstedt gediehen ist. Die Zeit drängt. Doch noch ist die Arbeitsgruppe weit davon entfernt, Nägel mit Köpfen zu machen, sprich: einen Verein zu gründen. Projektverantwortlicher Professor Markus Herrmann fordert: „Wir brauchen eine Entscheidung.“

Die wurde am Mittwoch beim Port-Arbeitstreffen im Wolmirstedter Rathaus vertagt. Ralf Kürbis, Börde-Geschäftsführer des Deutschen Roten Kreuzes, hatte zwar eine Satzung erarbeiten lassen, aber es gibt noch nicht die geforderten sieben Gründungsmitglieder. Bisher haben sich vier zum Mitmachen bekannt. Das sind die Stadt Wolmirstedt, der DRK-Kreisverband, die Hausarztpraxis Ulrich Apel und das Mapp-Institut, das Magdeburger Ausbildungsinstitut für psychotherapeutische Psychologie.

Dieser Verein soll alle diejenigen zusammenführen, die in der Gesundheitsversorgung beziehungsweise Gesundheitsvorsorge arbeiten. Volkssolidarität, Pflegedienste, SV Kali, OK-Live-Ensemble, Bodelschwingh-Haus und das Deutsche Rote Kreuz sind nur einige der möglichen Akteure. Doch es scheint schwierig zu werden, diese unter einen Hut zu bekommen.

In der Rathausrunde saßen Professoren, Vertreter von Mediziner- und Apothekerverbänden und wissenschaftliche Mitarbeiter, außerdem AWG-Chef Siegfried Bärhold, Rathausmitarbeiter, der DRK-Chef und als einziger Wolmirstedter Mediziner der Hausarzt Ulrich Apel. Weitere in Frage kommende lokale Akteure, die ihr Mittun bereits signalisiert hatten, waren nicht gekommen.

Doch selbst wenn mindestens drei weitere Mitglieder für die Vereinsgründung gefunden werden, bleibt die Frage, wer Vorreiter sein und welchen Zweck dieser Verein erfüllen soll. Das wurde in der Rathaus-Runde sehr kontrovers diskutiert. Professor Markus Herrmann geht davon aus, dass dieser Verein konkrete medizinische Hilfe anbietet. „Wer tritt als Investor auf, beispielsweise für Immobilien, Geräte oder Schulungen von Personal?“

So große Brötchen will Professor Bernt-Peter Robra von der Magdeburger Uni-Klinik nicht backen. Er versteht einen Verein eher als Startrampe. „Gleich Millionen zu investieren ist viel zu groß.“

Gegen Investitionen wehrte sich auch Bürgermeister Martin Stichnoth (CDU). Er wies daraufhin, dass die Stadt zwar Mitglied in einem Verein werden könne, aber über die Mitgliedsbeiträge der Stadtrat bestimmen müsse. Große Geldausgaben seien schon gar nicht drin. „Wir können keine Poliklinik bauen, wir sind in der Haushaltskonsolidierung.“ Stichnoth hilft anders. Er konnte die sachkundige Einwohnerin Marlies Lüder als Koordinatorin gewinnen. Sie soll lokale Akteure zusammenbringen.

Auch E-Health könnte ein Weg sein, die Ärzte zu entlasten und mehr Luft für mehr Patienten zu schaffen. Dabei können Arzt und Patient über das Internet kommunizieren. Bürgermeister Martin Stichnoth (CDU) bremste die Euphorie für E-Health jedoch aus. Schnelles Internet sei derzeit für einen Großteil der Region ein Traum. „Dem Landkreis wurde komplettes Marktversagen attestiert“, sagte er, „in der Kernstadt Wolmirstedt funktioniert das Internet gut, aber fragen Sie mal in Farsleben oder Glindenberg nach.“ Außerdem legen viele Patienten Wert auf direkten Kontakt.

Daniel Joachim vom Mapp- Institut meinte, es könne bereits hilfreich sein, unmittelbar vor dem Sprechzimmerbesuch ein Gespräch anzubieten, um die Sorgen und Nöte der Patienten entgegenzunehmen. So könne sich der Arzt auf die rein medizinische Versorgung konzentrieren.

Das Projekt Port steht für patientenorientierte Primär und Langzeitversorgung. Die Robert-Bosch-Stiftung fördert in acht Städten die Konzeptionsphase, Wolmirstedt ist als einzige ostdeutsche Stadt dabei. Zum Jahresende wird entschieden, welche vier Projekte weitergefördert werden. Ziel ist es, die hausärztliche Versorgung in Wolmirstedt zu verbessern.

Diese Versorgung ist exzellent für diejenigen, die einen Platz in einer Hausarztkartei ergattern konnten. Zu viele gehen jedoch leer aus. Hinzu kommt, dass die Hälfte der Hausärzte längst das Rentenalter erreicht hat. Solange sie weiterpraktizieren, wird es keine neuen Ärzte geben, weil die Kassenärztliche Vereinigung keine weiteren Stellen zulässt. Doch ohnehin ist bisher kein Nachwuchs in Sicht. Deshalb will Port neue Wege gehen und die praktizierenden Ärzte entlasten. „Die meisten sind bisher jedoch sehr zurückhaltend gegenüber innovativeren Versorgungsformen“, hat Projektmitarbeiterin Martina Schmiedhofer erfahren.

Aufgeben ist dennoch keine Option. Bis zum nächsten Treffen soll die Vereinssatzung überarbeitet und weitere Gründungsmitglieder akquiriert werden.