Integration Mr. Ekime kann arbeiten

Die Integration von Flüchtlingen in die Berufswelt gelingt bisher nur sporadisch. Nassirou Ekime aber hat einen Arbeitgeber gefunden.

Von Gudrun Billowie 09.02.2016, 00:01

Wolmirstedt l Nassirou Ekime ist aus dem westafrikanischen Benin nach Deutschland geflüchtet. Nun ist die Wolmirstedter Gemeinschaftsunterkunft sein Zuhause auf Zeit. Kurz nach der Ankunft wollte er wieder als Gärtner arbeiten. Das hat der 20-Jährige der Sozialarbeiterin Christin Möller erzählt. Sie schaute sich um, fand die Gärtnerei von Jan Weinreich und so sind Jan Weinreich und Nassirou Ekime im Herbst vergangenen Jahres zusammengekommen.

Jan Weinreich gefiel die Idee, Bewohnern der Gemeinschaftsunterkunft ein Berufspraktikum anzubieten. Drei Monate hatten sie Zeit, um herauszufinden, ob sie zueinander passen. Nassirou Ekime passte. Und blieb.

Jan Weinreich stellte sich dem Papierkram, den er erledigen musste, damit auch für die Ausländerbehörde alles seine Richtigkeit hat. „Ich wurde von den Mitarbeitern dort sehr gut unterstützt“, berichtet er. Inzwischen ist die dreimonatige Findungsphase zwischen dem Betrieb und Nassirou Ekime beendet. Beide wollten weiterhin zusammenarbeiten und somit begann die nächste Stufe, die Einstiegsqualifizierung.

Das ist eine Art Ausbildung vor der Ausbildung. Für Nassirou Ekime trägt sie den Titel EQPlusPlus. Nassirou Ekime arbeitet drei Tage der Woche in der Gärtnerei, einen Tag besucht er die Berufsschule und einen Tag einen Deutschkurs. Diese Einstiegsqualifizierung musste wieder die Ausländerbehörde abstempeln, aber auch die Arbeitsagentur gehört mit ins Boot. Sie unterstützt die Einstiegsqualifizierung übrigens auch für deutsche Jugendliche und weil bei ihnen der Deutschkurs wegfällt, heißt sie da nur EQPlus.

Für Nassirou Ekime endet die Einstiegsqualifizierung im Juli. Sollte er bis dahin so gut Deutsch können, dass er eine Berufsschule besuchen kann, wird Jan Weinreich ihn auch dabei unterstützen. Dann ergänzt der junge Afrikaner zusammen mit zwei weiteren Azubis das Gärtnereiteam. „Ich möchte so gerne bleiben“, lächelt Nassirou Ekime. Die Chancen stehen gut.

„Alles steht und fällt mit der Sprache“, sagt Jan Weinreich. Weil Deutsch für die Zukunft Nassirou Ekimes so wichtig ist, möchte Jan Weinreich seinen afrikanischen Mitarbeiter in dieser Hinsicht nicht in Watte packen. Er erklärt ihm alle Arbeiten auf Deutsch. „Ich zeige erst einmal nichts, sodass er sich allein auf die Worte verlassen muss.“ Nassirou Ekime hatte in seiner Heimat schon Deutsch gelernt und ist sehr aufmerksam. Meistens kann er genau das tun, was Jan Weinreich in Worte gefasst hat.

Solche Geschichten möchte Henning Abel künftig öfter erzählen. Der Postmitarbeiter sitzt im Wolmirstedter Rathaus und dient als Ansprechpartner für Belange der Flüchtlingsbetreuung. Die ist eigentlich im Landkreis angesiedelt, aber Bürgermeister Martin Stichnoth (CDU) war der Meinung, ohne eine Person vor Ort in der Kommune gehe es nicht und hat sich um den Postmitarbeiter als städtischen Ansprechpartner bemüht.

Henning Abel wiederum bemüht sich nun darum, Praktikumsplätze für die Neuankömmlinge zu finden. „Vor allem für diejenigen, die eine sichere Bleibeperspektive haben“, schränkt er ein. Das sind Menschen, die aus Syrien, Eritrea, Iran oder Irak hierher gekommen sind. In kleinen Schritten gelingt das. Inzwischen wollen auch der Nabu sowie eine Fahrradwerkstatt asylsuchende Menschen beschäftigen.

Auch die Arbeitsagentur bemüht sich, Asylbewerber und Betriebe zusammenzubekommen. Bereits im Dezember hatte es Gespräche zwischen Vermittlungsfachkräften, Sprachmittlern und geflüchteten Menschen gegeben, in denen deren beruflichen Qualifizierungen erfasst wurden. Viele haben angegeben, dass sie studieren möchten. Andere haben ihre Berufe genannt. „Wir sehen die Arbeit als wichtigen Teil der Integration“, sagt Heike Jauch, Geschäftsführerin der Agentur für Arbeit in Magdeburg. Aber auch sie sieht die größte Herausforderung im Erlernen der Sprache. „Alle Syrer unserer Gemeinschaftsunterkunft, aber auch viele Afrikaner besuchen inzwischen Sprachkurse“, weiß Sozialarbeiterin Christin Möller. Heike Jauch rät Asylsuchenden aber auch, Kontakt zur Bevölkerung zu suchen, empfiehlt als Anlaufstelle das Quasselcafé des Integrationsbündnisses, das inzwischen rege genutzt wird.

Für diesen Kontakt zur Bevölkerung sorgt auch Henning Abel. Er vermittelt Asylbewerber in Vereine. Zwei junge Männer beispielsweise spielen in Barleben Fußball. „Die ersten Male habe ich sie mit dem Auto zum Training gefahren und auch wieder zurück“, erzählt er, „inzwischen haben die beiden Fahrräder bekommen, mit denen sie jedes Training erreichen.“ Nun will er versuchen, auch andere Vereine und Asylbewerber zusammenzubringen.

Für Unternehmer gibt es ebenfalls persönliche Ansprechpartner im Arbeitgeberservice der Arbeitsagentur. In den Geschäftsstellen Wanzleben, Oschersleben, Haldensleben und Wolmirstedt helfen sie bei der Suche nach geeigneten Bewerbern, aber auch bei der Bewältigung der Formalitäten, die bei der Einstellung eines Asylbewerbers erforderlich sind. „Ich wurde sehr gut unterstützt“, hat Jan Weinreich festgestellt. Nach seinen Erfahrungen ist die Bürokratie keine Einstellungshürde.

Unternehmer, die einen persönlichen Ansprechpartner in der örtlichen Arbeitsagentur suchen, können sich unter der Telefonnummer 0800/4555520 melden.