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Vernässung Ohre reichert das Heidewasser an

Die zunehmende Feuchtigkeit in der Umgebung der Ohre beschäftigt Anwohner, aber auch Experten. Ein Grund ist die geringere Wasserentnahme.

Von Gudrun Billowie 02.10.2015, 01:01

Wolmirstedt l Während zu DDR-Zeiten in einem Jahr bis zu 30 Millionen Kubikmeter Wasser aus der Ohre entnommen wurden, um Trinkwasser zu gewinnen, waren es 2014 nur noch 13,4 Millionen Kubikmeter. Das entspricht nur noch rund 44 Prozent der damaligen Menge. Die geringere Wasserentnahme trägt unter anderem dazu bei, dass die Ohre heute ein anderes Bild bietet, als vor gut 30 Jahren. Ohreanrainer spüren das. Grundstücksnutzer am Küchenhorn beispielsweise haben mit Vernässung zu kämpfen.

Dennoch, rund 13 Millionen Kubikmeter Wasser werden immer noch Jahr für Jahr bei Satuelle gestaut und in die Colbitz-Letzlinger Heide geleitet. Dort versickert es und füllt die natürlichen Trinkwasservorräte auf. Das Versickern dauert mehrere Jahre. Bodenschichten wie Sand und Kies wirken wie natürliche Filter. „Die Ohre ist extrem wichtig für die zentrale Wasserversorgung“, sagt Christiane Wiesner, die Leiterin der technischen Abteilung bei der Trinkwasserversorgung Magdeburg (TWM).

Die TWM betreibt das Colbitzer Wasserwerk, von dem viele Verbände, wie auch der Wolmirstedter Wasser- und Abwasserzweckverband (WWAZ) ihr Wasser beziehen. Die Qualität des Heidewassers ist so gut, dass keine Desinfektion nötig ist. „Das Wasser, das aus der Wand kommt ist zum Trinken geeignet. Das ist ein wichtiger Standortfaktor für viele Generationen“, macht Christiane Wiesner die Kostbarkeit deutlich. Damit die hohe Qualität auch kommenden Generationen erhalten bleibt, sind Bürger dazu angehalten, keine Medikamente oder andere Chemikalien in der Toilette zu entsorgen. „Die Kläranlagen reinigen so, dass das Wasser anschließend in natürliche Gewässer eingeleitet werden kann“, erklärt Christiane Wiesner, „das ist ein natürlicher Prozess, der durch Chemikalien gestört wird.“

Das Wasser der Ohre wird nur in der dunklen Jahreszeit, von Oktober bis März, entnommen, etwa 70 000 Kubikmeter pro Tag. Lange nicht so viel, wie zu DDR-Zeiten, als an jedem Entnahmetag 90 bis 100 000 Kubikmeter in die Heide flossen. Die Wasserentnahme muss sich dennoch in das natürliche System einfügen. Sinkt der Ohrepegel wegen zu geringer Niederschlagsmengen unter eine bestimmte Marke, werden die Pumpen abgeschaltet, erklärt Christiane Wiesner. Als Wasserwirtschaftlerin mag sie es deshalb sehr, wenn es im Winter ausreichend regnet. Noch lieber aber mag sie den Schnee. „Das ist, als würde das Wasser zwischengestapelt werden und nur ganz langsam in den Boden eindringen.“

Wegen der Gefahr des Niedrigwassers wird im Sommer gar kein Wasser entnommen. Zum einen ist die Verdunstung des Wassers größer, zum anderen speisen Landwirte ihre Bewässerungsanlagen mit dem Wasser der Ohre. Auch damit hängt der schwankende Wasserstand des Flusses zusammen, denn wenn es im Sommer viel regnet, schwellen die Flüsse ein bisschen auch deshalb an, weil Landwirte für ihre Felder weniger Wasser entnehmen.

Das Colbitzer Wasserwerk wurde 1932 gebaut und schon damals war klar, dass aus dem natürlichen Grundwasservorrat nur 35 000 Kubikmeter pro Tag entnommen werden dürfen, um der Natur nicht zu schaden. An dieser Zahl hat sich bis heute nichts geändert. Was darüber hinaus gebraucht wird, muss mit Flusswasser angereichert werden. Früher wurde Elbwasser durch die Bodenschichten filtriert. Als dessen Qualität erheblich sank, wurde auf das Ohrewasser zurückgegriffen. Seither ist dieser Fluss für die Trinkwasserversorgung so wichtig.

Derzeit werden vom Colbitzer Wasserwerk 450 000 Personen versorgt, neben Wolmirstedtern auch Bürger in Städten wie Magdeburg, Wanzleben oder Staßfurt. Im Gegensatz zu Vorwendezeiten hat sich der Wasserverbrauch der Einzelnen jedoch drastisch reduziert. Peter Bogel, Pressesprecher der TWM, stellt den damals 350 verbrauchten Litern pro Einwohner und Tag heute ganze 92 Liter entgegen. Da die Leitungen jedoch für den großen Verbrauch ausgelegt sind, mussten mehr Kunden an das Colbitzer System angeschlossen werden. Nur so ist gesichert, dass das Wasser mit ausreichender Geschwindigkeit und ausreichendem Druck durch die Rohre fließt. Kleinere eigenständige Wasserwerke wie in Elbeu wurden in diesem Zuge geschlossen.

Immer wieder wird von Wolmirstedter Bürgern das Ausbaggern der Ohre gegen die Vernässung gefordert. Doch damit würde zu viel Natur zerstört und das Problem nicht gelöst. Der Landesbetrieb für Hochwasserschutz (LHW) erarbeitet derzeit einen Unterhaltungsrahmenplan für die Ohre. Der listet beispielsweise auf, an welcher Stelle Anlandungen auftreten und regelmäßig entfernt werden müssen. LHW-Chef Burkhard Henning sagt, im Januar werde dieser Plan den Bürgern im Katharinensaal vorgestellt.