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Integration Sprechen, lernen, ankommen

Der Jugendmigrationsdienst Zerbst bietet wöchentlich ein Sprach-Café an. Dabei sollen Migranten Deutsch lernen.

Von Katrin Wurm 15.09.2015, 16:43

Zerbst l Eine Tür geht langsam auf. Um die Ecke blickt schüchtern ein junger Mann mit kurz geschorenen Haaren. Sein Blick ist fragend. Doch bevor er etwas sagen kann, ist Vera Ladwig zur Stelle: „Wollen Sie zum Sprach-Café? Dann sind Sie hier richtig. Setzen Sie sich hin“, lädt sie den Mann ein und zeigt auf das gemütliche Polstersofa.

Vera Ladwig führt ehrenamtlich das Sprach-Café des Jugendmigrationsdienstes der Diakonie Zerbst. Seit März trifft sie sich wöchentlich mit Migranten, um in gemütlicher Runde auf deutsch zu plaudern. „Ich will den jungen Männern und Frauen helfen, Deutsch zu lernen“, erklärt sie. Vor allem EU-Bürger aus Polen besuchen das Sprach-Café. Sie arbeiten in einer der großen Zerbster Firmen, sind oft noch nicht lange in Deutschland und dankbar über das Angebot. So auch Marcin Kwapisiewicz. Erst seit dem Frühjahr ist er mit seiner Frau und den drei Kindern in Zerbst. Er arbeitet im Schraubenwerk. Seine zwei älteren Kinder gehen in die Schule. Sein jüngster Sohn Tymotensz ist im Kindergartenalter. „Nur leider gibt es derzeit in der Kernstadt keinen freien Kindergartenplatz“, bedauert Mario Gabler, Leiter des Jugendmigrationsdienstes. „Die Familie hat kein Auto und kann deshalb keinen Kita-Platz im Umland in Anspruch nehmen. Doch so lange der kleine Tymotensz nicht in die Kita geht, kann die Mutter nicht arbeiten gehen“, so Gabler weiter. Diese und andere Probleme versucht er tagtäglich zu bewältigen. „Darum bin ich auch froh, dass ich mit Vera Ladwig eine ehrenamtliche Helferin habe“, sagt er lächelnd.

Der junge Mann mit dem kurz geschorenen Haaren heißt Kalicki Jaroslaw. Mit Landsmann Marcin Kwapisiewicz klappt die Verständigung natürlich tadellos. Doch Vera Ladwig will die beiden Männer motivieren, deutsch zu reden. Sie zeigt ein Blatt mit Bildern und dem deutschen Wort dazu. Hand, Bauch, Haar. Viele dieser Wörter kennen die Männer schon. „Hier im Sprach-Café sollen sie sich trauen, diese anzuwenden“, erklärt Ladwig. Etwa fünfzehn Teilnehmer besuchen das Sprach-Café wöchentlich. „Wir haben teilweise sogar noch mehr Anfragen“, so Mario Gabler. „Die Sprache ist ein Grundstein der Integration“, betont er damit die Wichtigkeit des Sprach-Cafés.

Vera Ladwig plant indes schon weiter. „Ich würde so eine lockere Gesprächsrunde wie das Sprach-Café gern auch für Kinder anbieten“, erklärt sie. Den Segen des Jugendmigrationsdienstleiters hat sie. Vera Ladwig ist Rentnerin. Warum sie ihre freie Zeit dafür gibt, liegt für sie auf der Hand: „Ich will einfach helfen“, sagt sie wie selbstverständlich. Früher hat sie an der Hochschule Anhalt ausländische Studenten betreut und beraten. „Das hat mir viel Spaß gemacht. Ich bin froh, dass ich jetzt dank des Sprach-Cafés wieder mit jungen Menschen zu tun habe.“

Früher habe sich der Jugendmigrationsdienst in Zerbst vor allem um die Russlanddeutschen gekümmert. „Nun sind es die EU-Bürger die hier arbeiten, die unsere Hilfe in Anspruch nehmen. Momentan unterstützen wir meistens Bürger aus Polen, Bulgarien oder der Slowakei“, sagt Gabler. Aber natürlich unterstütze man jeden, der Hilfe und Ratschläge sucht. Auch über ehrenamtliche Helfer wäre Mario Gabler erfreut. „Wer Lust hat, die Integration der Migranten mit zu unterstützen, ist jederzeit eingeladen“, ruft er auf.