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Altpapier Alles bleibt, wie es ist

Auch nach der Änderung der Abfallsatzung kann Altpapier zu Wertstoffhöfen gebracht werden. Solange diese eine Genehmigung haben.

Von Sebastian Siebert 22.09.2015, 01:01

Zerbst l Ein Artikel, der in der Volksstimme erschien, brachte Jürgen Borgsdorf auf die Palme. So könne es nicht sein, sagte er am Telefon. „Die Leute können doch mit ihrem Papier machen, was sie wollen“, machte er sich Luft.

Der Zerbster betreibt unter anderem den Wertstoffhof an der Kirschallee 3. Dort bringen die Leute jeden Dienstag und Donnerstag Altpapier hin. Der Geschäftsmann kauft es auf, sortiert und presst es und verkauft es weiter. „Kunden sind die papierverarbeitende Industrie unter anderem in Burg“, erklärte er.

Für die Zerbster ist es eine gute Möglichkeit, aus Müll ein wenig Geld zu machen. „Es gibt für ein Kilo sieben Cent. Das ist viel und nicht viel zugleich“, sagte der Geschäftsmann. Aber für viele lohne es sich. „Wer die Volksstimme abonniert hat und diese dann gebündelt abgibt, zusammen mit dem, was man sonst noch im Briefkasten an Zeitungen und Flyern hat, kommt auf 15 bis 20 Euro im Monat“, erzählte er aus seinen Erfahrungen. Christel Lehmann beispielsweise zählt zu den Stammkunden. „Ich sammele das für meinen Enkel“, erklärte sie. Im Jahr komme sie auf 200 Euro. „Das ist dann das Weihnachtsgeschenk“, fügte sie an.

Auch Udo Kahlo aus Zerbst sieht nicht ein, warum er das Papier einfach wegschmeißen solle, wenn er es doch verkaufen könne. „Ich bin regelmäßig hier“, sagte er.

Und das, so wurde in dem Artikel „Papiersammeln künftig illegal?“ vom 5. September zugespitzt, könnte nach dem Inkrafttreten der neuen Abfallsatzung im Landkreis Anhalt-Bitterfeld vorbei sein. Denn, so kam auf, dass das Altpapier in den Tonnen der Anhalt-Bitterfelder Kreiswerke (Abikw) zu entsorgen sei, Privatsammlungen sollten verboten werden. Damit wäre auch Jürgen Borgsdorf die Geschäftsgrundlage entzogen. Zwar ist es nur ein Teil seines Unternehmens – er betreibt hauptsächlich einen Containerdienst – er würde die Einschnitte aber deutlich spüren, erklärte er. Ensprechend missmutig nahm er die Kunde auf.

Andreas Rößler, Leiter des Umweltamtes des Landkreises Anhalt-Bitterfeld, gab auf Nachfrage der Volksstimme Entwarnung. Der Passus, der regelt, dass unter anderem auch Papier, Pappe und Kartonagen aus Privathaushalten nach Bundesrecht dem Landkreis zu überlassen sind, existiere nämlich schon längere Zeit, sagte er.

Der Hintergrund sei, dass der Landkreis verpflichtet ist, alle Abfälle aus privaten Haushalten zu entsorgen und die Privathaushalte verpflichtet sind, diese Abfälle aus ordnungsrechtlichen Gründen dem jeweiligen öffentlichen Entsorger zu überlassen. Das bekannte Entsorgungssystem mit den blauen Tonnen für jedes Wohngrundstück sei auf diesem Grundsatz aufgebaut.

Die Einnahmen aus der Papier-, Pappe- und Kartonagenverwertung sichern auch, dass das Entgelt in der jetzigen Höhe derzeit noch beibehalten werden kann. „Neu ist seit 2012 lediglich, dass nach Paragraph 17 des Kreislaufwirtschaftsgesetzes geregelt ist, wie bei gemeinnützigen beziehungsweise gewerblichen Sammlungen zu verfahren ist“, sagte er.

Wer eine gemeinnützige Sammlung machen möchte, wie es beispielsweise Feuerwehren oder Schulklassen oft tun, muss dies nach Paragraph 18 des Gesetzes der zuständigen Behörde – in dem Fall das Landesverwaltungsamt in der Funktion als obere Abfallbehörde – anzeigen. „Das Landesverwaltungsamt beteiligt dann den Landkreis. Dann haben wir zu prüfen, ob es eine Kollision mit öffentlichen Interessen gibt“, sagte er weiter. Das bedeutet: Es wird geprüft, was mit dem Papier geschehen soll, denn es muss einer ordnungsgemäßen Weiterverwertung zugeführt werden. Und: Es wird geprüft, ob diese Sammlung das Entgeltesystem gefährdet.

Für einzelne Sammlungen von Schulen oder Kindergärten war die Genehmigung bislang kein Thema und wird es wohl weiterhin nicht sein, solange die Mengen gering sind. Gewerbliche Sammler müssen ebenso ihrer Anzeigenpflicht nachkommen. Daraufhin bekomme der Anzeigensteller einen Bescheid vom Landesverwaltungsamt. „Dann wird es entweder versagt oder genehmigt“, betonte Andreas Rößler. Gewerbetreibende, die eine solche Genehmigung haben, „haben auch nicht zu befürchten, dass sie ihr Papier den Anhalt-Bitterfelder Kreiswerken anzudienen hätten. Punkt.“ Borgsdorf erklärte, die habe er. Aus dem Amt heißt es, sie sei beantragt.

„Es gibt auch illegale Sammlungen, die kein Anzeigeverfahren durchlaufen haben“, erklärte Rößler. Die Anzeigepflicht besteht für alle Betriebe. Auch für jene, die schon vor dem Inkrafttreten der Regelungen Papier gesammelt hätten. Diese haben noch drei Monate Zeit, die Anzeige nachzuholen. Sie müssen dabei angeben, dass sie schon länger Papier und Pappe annehmen. Dann komme es zu einem vereinfachten Verfahren, so Rößler. „So lange es keine Beanstandungen gegeben habe.“ „Mit der neuen Satzung ändert sich der Sachverhalt nicht“, machte Rößler deutlich. Denn schon in den Altkreisen Köthen, Bitterfeld und Zerbst habe die Überlassungspflicht existiert. Das sei ein Bundesgesetz, das können weder Land noch Landkreis ändern, erläuterte der Amtsleiter.