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Abfischen Mit der Wathose im Matsch

Abfischen im Deetzer Teich vereint Jung und Alt. So war die Aktion am Sonnabend ein Erfolg.

Von Christian Jäger 03.11.2015, 06:00

Deetz l Platsch, so ist es zu hören. Und noch einige weitere Male platscht es. Die freiwilligen Helfer springen in ihren Wathosen in das Fangbecken am Deetzer Teich, der wie immer abgelassen wurde, um die Fische in die Enge zu treiben. Spätestens wenn die Männer bis zum Bauch oder zur Brust in der dunklen Brühe verschwinden, versammeln sich auch die zahlreichen Besucher um das Becken, direkt am Rand oder weiter oben am Hang.

Denn dieses Spektakel hat es in sich. Ein Netz liegt im Fangbecken aus, wird nach und nach einmal durch das Becken gezogen und zeitgleich enger geschnürt. Ein Kraftakt, das merkt man den Helfern an, die in dem Morast nur mühsam einen Fuß vor den anderen bekommen und dabei noch das Netz ziehen. Am Ende stehen die Männer in einer Ecke und befestigen das Netz auf wenigen Quadratmetern. Auf diesen befinden sich nun Karpfen, Schleie, Barsche und Hechte. Immer wieder gucken Rückenflossen aus dem Wasser, immer wieder ragt ein Kopf heraus. Man hat das Gefühl, der Fisch sei zum Greifen nah.

Nun werden die „Kaventsmänner“ herausgefiltert. Die teils riesigen Marmorkarpfen, die locker zwischen 30 und 40 Kilogramm auf die Waage bringen können, verlangen den Helfern einiges an Kraft ab. Angesichts ihrer Größe verwundert es nicht, warum die Mäuler stets zugehalten werden. Die Marmorkarpfen werden über das Netz getragen. Sie sind zur Zucht oder zum Säubern des Wassers nützlich.

„Es geht um das Feeling“, sagt Enrico Schindler. Bereits zum 19. Mal war er Helfer. Doch zu wenige machen es ihm gleich: „Es gibt nicht mehr so viele Freiwillige wie früher, das ist schade.“ Die Alten können nicht mehr, die Jungen wollen nicht. Für einen reibungslosen Einsatz sollten es zehn Helfer im Wasser und vier an Land sein. „In diesem Jahr waren wir unterbesetzt. Aber wir haben es trotzdem geschafft.“

Willkommen ist indes jeder, spezielle Vorkenntnisse sind nicht notwendig. „Jeder kann kommen, wir freuen uns über jeden Neuen“, erklärt der Deetzer. Eine Voraussetzung gibt es aber: „Derjenige muss sich der Sache annehmen. Schließlich will man sein Wissen ja weitergeben.“ Das war es dann aber auch schon. Es gibt eine kurze Einweisung, man bekommt die wichtigsten Kniffe gezeigt und los kann es gehen. Zweimal wird traditionell abgefischt.

Nachdem die Fische in die Ecke getrieben sind, wird ein Kescher ins Wasser gelassen, teils maschinell, teils manuell. Verfehlen kann man die Fische kaum. Der Kescher befördert die Fische auf ein Sortierband. Zu kleine Exemplare werden zurück ins kühle Nass geworfen, die guten in Körbe verfrachtet. Und von dort aus gehen sie direkt in den Verkauf, frischer geht es nicht.

Das Angebot nahmen erneut zahlreiche Besucher wahr. Es gab kaum jemanden, der nicht eine Tüte in der Hand hielt, in dem sich frischer Fisch befand. Viele hatten sogar eine Tüte in der Hand und in der anderen ein Fischbrötchen. Auf dem Bauernmarkt gab es natürlich auch viele Stände, die verarbeiteten Fisch anboten. Auch vor ihnen waren meist lange Schlangen, so gefragt waren die Erzeugnisse. Neben Fisch gab es Getränke, Luftballons, Körbe, Süßigkeiten, Gemüse, Anglerbedarf – eben alles, was ein Bauernmarkt bieten muss.

Das Abfischen, der Markt, selbst der schlammige Boden – alles zusammen sorgte für ein gelungenes Erlebnis, das wieder zahlreiche Besucher lockte. „In diesem Jahr sind mehr Leute hier als im vergangenen“, sagte Mandy Kaut, die einen Gärtnerei-Stand hat. Im Vorjahr waren laut Schätzungen mehr als 1000 Besucher vor Ort, genau gezählt wurde allerdings nicht. Jeder Autofahrer, der in der Umgebung einen Parkplatz suchte, wird bestätigen: Es war proppenvoll. Jede Grünfläche, jeder Winkel, einfach jeder Zentimeter wurde genutzt, um das Fahrzeug abzustellen. Der ein oder andere Deetzer war quasi auf seinem Gehöft gefangen, da zum Teil auch Einfahrten zugeparkt wurden. Selbst hinter dem Ortsausgangsschild auf der Straße in Richtung Nedlitz standen einige hundert Meter weit links und rechts Autos.

Mandy Kaut freut sich jedes Jahr auf das Abfischen, und das obwohl sie dann arbeiten muss. Zeit zum Gucken bleibt natürlich auch und „man kennt ja viele Händler“.

Genau wie Mandy Kaut war auch Gino Herkt aus Biederitz nicht das erste Mal beim Abfischen. Enkel Simon durfte dabei nicht fehlen, der es sich auch nicht nehmen ließ, einen Spiegelkarpfen anzufassen. „Ich bin das dritte Mal hier“, sagte Gino Herkt. „Es ist ein Schauspiel und Volksfest, ein regionales Highlight. Und mein Enkel ist ein riesen Fisch-Fan.“ Der Biederitzer war von der Veranstaltung begeistert. Nur einen Kritikpunkt hatte er, die Anzahl der Toiletten.

Auch Sven König, der zusammen mit seiner Familie nach Deetz kam, ist Angler – „leidenschaftlicher Raubfischangler.“ Das Abfischen steht bereits seit vielen Jahren immer wieder im Kalender. „Es ist das ganze Drumherum, alles ist schön anzusehen“, versucht der Zerbster den Reiz der Veranstaltung auszumachen. Auch das herrliche Wetter spielte bei der Tagesplanung eine wichtige Rolle. Trotz der Sonne: „Ich habe Mitleid mit denen, die abfischen.“ Als Angler weiß Sven König natürlich, dass die Wathose irgendwann die Kälte durchlässt.