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Analphabetismus Nächstes halbe Schuljahr gesichert

500 Euro vom Lions Club an den Alphabetisierungskurs sichern das nächste halbe Schuljahr für die Teilnehmer.

Von Arlette Krickau 13.02.2016, 15:00

Zerbst l Drei Damen der Alphabetisierungsgruppe Zerbst der Kreisvolkshochschule stehen wieder in Lohn und Brot. Es gibt Neuzugang – fleißigen. Noch nicht lange dabei, macht der Mann aus Loburg eifrig Hausaufgaben und schreibt schon drei Din-A4-Seiten voll, die er dann Lehrerin Marlies Haase präsentiert.

Auch nach dem zehnjährigen Jubiläum im Vorjahr entwickelt sich die Alphabetisierungsgruppe, deren Mitglieder von allen liebevoll „Alphas“ genannt werden, hervorragend weiter.

Das ist nicht zuletzt auch durch die Spende des Lions Clubs möglich. Seit etwa sieben Jahren spenden die Lions aus Zerbst für die Alphas. In diesem Jahr gab es wieder 500 Euro für die zehn-Mann-starke Truppe. „Das ist aus unserem Erlös beim Weihnachtsmarkt. Auch in diesem Jahr haben wir den Zerbster Weihnachtsmarkt wieder mit organisiert und einen Glühweinstand betrieben. Ein Teil der Einnahmen spenden wir gern an die Alphas“, erklärt Katrin Ille, Präsidentin der Lions.

Die Alphas sind schon eine Herzensangelegenheit für den wohltätigen Club geworden. „Wenn ich mich erinnere, wie die Teilnehmer anfangs aufgetreten sind, und mit wie viel Selbstvertrauen sie jetzt daherkommen – das ist toll zu sehen“, sagt Thomas Drechsel, Mitglied des Lions Clubs, der zur Übergabe ebenfalls erschienen war.

Für Menschen, die die Teilnehmer der Alphabetisierungsgruppe das erste Mal kennenlernen, ist es vielleicht überraschend, wie offen sie mit dem Thema Analphabetismus umgehen. Jeder hat seine eigene Geschichte, jeder eigene Beweggründe den Kurs zu besuchen. Und jeder redet offen darüber.

„Wenn wir mal ganz ehrlich sind, haben wir alle auch zu wenig gemacht in der Schule“, sagt ein Teilnehmer aufrichtig. Aber das ist nur ein Baustein für Analphabetismus, weiß Marlies Haase. Alle haben mindestens acht Jahre Schule absolviert und danach eine Ausbildung mit Teilfachabschluss gemacht zum Beispiel in der Pferdepflege, Geflügelzucht oder Gemüseanbau.Mittlerweile ist der Kurs mehr geworden, als nur Lesen und Schreiben lernen. Es hat familiäre Züge, wie alle miteinander umgehen, in den wenigen Stunden, die die Alphas einmal in der Woche miteinander verbringen. Freundschaften haben sich gefunden, Freundschaften sind der Grund, warum manche zum Kurs gefunden haben.

Das Herz des Kurses ist nach wie vor Marlies Haase. Die Lehrerin der Alphas ist immer bemüht, dass es weiter voran geht. Deshalb ist sie dankbar für die Spende der Lions, denn die 500 Euro decken einen Großteil der Kurskosten für die Teilnehmer, die sie sich allein nicht leisten könnten. 75 Euro müssen für jeden Kursteilnehmer für ein halbes Jahr aufgebracht werden. Die restlichen fehlenden 250 Euro schießen in diesem Jahr die Stadtwerke dazu.

„Das ist eine große Hilfe für uns“, sagt Marlies Haase mit einem Lächeln. Einen tollen Beitrag hat auch die Bibliothek geleistet. Dort wurden spezielle Bücher angeschafft, in denen die einzelnen Silben der Wörter farbig hervorgehoben sind. „Eine tolle Hilfe für unsere Kursteilnehmer“, sagt Haase. Alle Bücher beschäftigen sich mit Naturthemen. „Ein Thema das an uns allen nah dran ist“, weiß Marlies Haase. Jeder Teilnehmer liest derzeit in seiner Freizeit in so einem Buch.Auch Ausflüge gehören für die Alphas zum Kursprogramm. „So etwas ist wichtig, damit man nicht nur lesen und schreiben kann, sondern sich auch damit in der Gesellschaft zurecht findet. Bei solchen Ausflügen üben wir beispielsweise das Lesen von Fahrplänen“, erklärt sie.

Die Erfolge zeigen sich: Eine Dame beispielsweise fährt bereits allein mit dem Zug nach Dessau zum Augenarzt. Deshalb soll es auch in diesem Jahr wieder auf Reisen gehen. Wittenberg ist das Wunschziel. Für Bahnticket und Kirchenbesuch benötigt die Gruppe rund 200 Euro. Dafür geht Marlies Haase jetzt auf Sponsorensuche.