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Stadtführung Lauschige Plätze und geheime Ecken

Am Sonnabend fand die erste Stadtführung der neuen Saison statt.

Von Katrin Wurm 29.03.2016, 14:00

Zerbst l „Damit hätten wir nicht gerechnet“, gab Tourist-Informations-Chefin Viola Tiepelmann zu. Zwar seien die Stadtführungen an den Karsonnabenden in den vergangenen Jahren immer gut besucht gewesen, dass aber über 70 Teilnehmer 14 Uhr auf dem Markt auf den Start der ersten Stadtführung der neuen Saison warteten, hätte die erfahrene Viola Tiepelmann sich nicht zu Träumen gewagt. „Im vergangenem Jahr hatten wir 50 Teilnehmer“, resümierte sie einordnend.

Gut, dass mit Petra Fruth eine zweite erfahrene Gästeführerin vor Ort war und die große Gruppe sich aufteilen konnte. Unter dem Motto „Verträumte Winkel im Frühling“ entführten Petra Fruth und Viola Tiepelmann die neugierigen und interessierten Gäste an ganz besondere Orte in der Nuthestadt. Es ging entlang der Zerbster Stadtmauer in verwunschene Ecken mit geheimnisvollen Geschichten und langer Tradition. Direkt am Heidetor gelegen machten beide Gruppen einen Abstecher zur malerisch gelegenen Weinstube mit Blick auf die Stadtmauer. „Die Zerbster Stadtmauer wurde 1430 erbaut. Man wollte sich vor Angreifern schützen“, erklärte Tiepelmann den Zuhörern.

Außerdem wies sie auf die zahlreichen Gastwirtschaften und Bierstuben der damaligen Zeit in Zerbst hin. Einige Jahrhunderte später fand Zerbst auch Erwähnung in einem Reiseführer von Karl Emil Franzos. „In seinem Reiseführer, der 1903 erschien, gab es eine Untersuchung der Zerbster Gastwirtschaften. Franzos stellte fest, dass jedes 15. Haus in Zerbst eine Gastwirtschaft war“, berichtete Tiepelmann. Franzos zählte 44 Gasthöfe, 18 Weinstuben und 90 Biergaststuben. „Insgesamt kam er so auf 152 Wirtshäuser. Im Vergleich dazu: In Zerbst standen damals 2000 Häuser“, legte Viola Tiepelmann die beeindruckenden Zahlen vor. Franzos rechnete die Wirtshäuser auf die „trinkfähigen Männer“ der Stadt herunter. „So blieben für jeden Gasthof 37 Gäste“, sagte Tiepelmann und berief sich dabei auf die Ausführungen Franzos in seinem Reiseführer.

Eine weitere Station führte die Gruppen in den Weingarten des Francisceums. Dort erfuhren die Zuhörer, dass Mönche im Jahr 1480 den Weingarten am ehemaligen Kloster und der heutigen Schule angelegt hatten. „Bei dem Wein handelt es sich um schwarzblauen Wein der Sorte ‘Isabella‘“, so Viola Tiepelmann. Nach der Reformation wurde das Kloster allerdings geschlossen. Geschäftsleute hatten sich aber vorerst dazu entschlossen, den Weinanbau weiter zu führen. Doch das in Zerbst gebraute Bitterbier war weitaus beliebter und ertragreicher, sodass der Weinanbau irgendwann eingestellt wurde. „Erst nach 1990 wurde der Weingarten im Francisceum Dank des Zerbsters Walter Tharan zu neuem Leben erweckt“, erklärte Tieplann. Zwischenzeitlich hatten Forscher sogar festgestellt, dass die Weinsorte „Isabella“ auf dem Francisceumsgelände die älteste in ganz Sachsen-Anhalt ist, berichtete Tiepelmann weiter – zu großem Erstaunen der beeindruckten Gäste.

Ab sofort finden jeden zweiten Sonnabend Stadtführungen statt. Die Termine werden rechtzeitig bekannt gegeben.