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Ehrenamt Bänker nehmen bei ihr die letzte Hürde

Jana Reifarth aus Zerbst erhält die silberne Ehrennadel der IHK für ihren Einsatz als ehrenamtliche Prüferin.

Von Daniela Apel 31.05.2017, 11:00

Zerbst/Halle l Ein Bandscheibenvorfall führte dazu, dass Jana Reifarth ungeplant Prüferin der Industrie- und Handelskammer (IHK) für Bankkaufleute wurde. Einen solchen erlitt der damalige Sparkassendirektor, „für den ich dann 1996 kurzfristig eingesprungen bin“, blickt die Zerbsterin zurück und staunt selbst: „20 Jahre ist das inzwischen her.“

Das belegen die Urkunde und die silberne IHK-Ehrennadel, die sie jetzt im Rahmen einer Festveranstaltung in Halle erhalten hat. „Ich freue mich über die Anerkennung, da es sich um ein Ehrenamt handelt und um keine bezahlte Tätigkeit“, sagt Jana Reifarth. Allein eine Aufwandsentschädigung pro Prüfungstag bekommt sie.

An ihren ersten Einsatz als berufene Prüferin kann sich die Zerbsterin noch gut erinnern. „Ich war selbst total aufgeregt und nicht viel älter als mancher Prüfling.“ Denn ihre eigene Prüfung zur Bankkauffrau lag erst kurze Zeit zurück. Es war der 27. Januar 1993. „Es schneite und ich musste Fragen zum Überweisungsverkehr und zum Magischen Dreieck, das heißt, zur Geldanlage, beantworten.“

Handelte es sich damals noch um einen reinen Wissenstest, müssen die Prüflinge heute ihre Kenntnisse in einem 20-minütigen Kundengespräch unter Beweis stellen. „Die Zeit ist knapp bemessen, aber sie können ja einen Folgetermin vereinbaren“, bemerkt Jana Reifarth lächelnd.

Sie überschlägt, dass sie bislang etwa 300 angehenden Bankkaufleuten aus dem gesamten Kammerbezirk Halle-Dessau die Prüfung gemeinsam mit den anderen Mitgliedern des Prüfungsausschusses abgenommen hat. Darunter waren sogar einmal eineiige Zwillinge. „Ihre Leistung war aber nicht identisch“, erzählt sie.

„Mindestens fünf Prüflinge haben nicht sofort bestanden“, schätzt Jana Reifarth. „Ob jemand den Abschluss erreicht, hängt nicht von der letzten, also der mündlichen Prüfung ab“, sagt sie. „Der Weg dahin beginnt mit dem ersten Ausbildungstag“, meint die Zerbsterin und betont: „Jede Ausbildung ist auch eine Holschuld. Diese konservative Aussage vertrete ich, obwohl ich eine Vertreterin der vielseitigen Ausbildungsmethoden, beispielsweise des Vertriebstrainings oder von Workshops zum Erweitern der Sozialkompetenz, bin.“ Wichtig sei ebenfalls die richtige Berufswahl. Sie weiß, dass mancher da falsche Vorstellungen hat. Auch ein fundiertes Auswahlverfahren des Ausbildungsbetriebes spiele eine entscheidende Rolle.

Jeweils im Sommer und im Winter finden die Prüfungen statt, die für Jana Reifarth inzwischen Routine sind. Zumal sie seit nunmehr zehn Jahren als Vorsitzende des Prüfungsausschusses agiert, der sich aus mindestens vier Mitgliedern zusammensetzt – aus Bank- und Sparkassenangestellten sowie Berufsschullehrern. „Das fördert auch den Austausch untereinander“, sagt die Zerbsterin, auf die als Ausschussvorsitzende spezielle Aufgaben zukommen. „Ich bereite die Prüfungsunterlagen vor, dokumentiere den Prüfungstag, informiere den Prüfling über den Ablauf der Prüfung und versuche, seine Ängste abzubauen. Darüber hinaus achte ich auf die Einhaltung der rechtlichen Anforderungen und teile dem Prüfling letztlich sein Ergebnis mit“, erläutert Jana Reifarth. Hinzu kommen regelmäßige Schulungen, die zu absolvieren sind, da sich auch das Berufsbild der Bankkaufleute wandelt.

Noch bis zum Herbst 2018 wird Jana Reifarth als Prüferin tätig sein. Mit Ablauf der Berufungsperiode endet diese verantwortungsvolle Tätigkeit dann für sie, „weil ich nicht mehr aktiv in diesem Berufsbild arbeite“, begründet die Zerbsterin. Jana Reifarth ist inzwischen Verwaltungsmitarbeiterin der Diakonie, zuständig für Personalwesen.

„Ich blicke gern und dankbar auf diese Zeit zurück“, erklärt Jana Reifarth. Die Erfahrungen, die sie als Prüferin gesammelt hat, konnte sie bei ihrer früheren Ausbildertätigkeit im Sparkassensektor umsetzen. „Ich konnte Anregungen mitnehmen und umgekehrt gut den Leistungsstand der Prüflinge einschätzen.“ Wohl nie vergessen wird sie den Januar 2007, als ihr Orkantief Kyrill den „stürmischsten Prüfungstag“ bescherte. „Die Rückfahrt von Halle nach Zerbst war aufregender als die Prüfung“, erzählt sie schmunzelnd.

Zudem wird ihr die Festveranstaltung, bei der insgesamt 92 IHK-Prüfer der Aus- und Weiterbildung sowie der Sach- und Fachkunde geehrt wurden, in Erinnerung bleiben. „Ehrenamt ist in unserer Gesellschaft auch ein Wirtschaftsfaktor. Ich wünschte mir ein messbares System, damit viel mehr Ehrenamtliche Wertschätzung und nachhaltige Anerkennung erhalten würden“, sagt Jana Reifarth. Aus dem Grund habe sie sich so über die Auszeichnung gefreut, die den Fokus auf das Ehrenamt lenke.

„Ich bin der Meinung, dass sich jeder Bürger gesellschaftlich engagieren sollte. Es gibt so viele Möglichkeiten – in Vereinen, Kinder oder ältere Menschen in der Nachbarschaft unterstützen, im Chor singen“, zählt sie einige Beispiele auf. Sie selbst ist im Förderverein Schloss Zerbst, im Elternrat des Francisceumsstandortes in der Jeverschen Straße sowie als Gästeführerin der Stadt aktiv.