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Feuerwehr-Personal Firmen in die Pflicht nehmen

Der Zerbster Kreisbrandmeister Heiko Bergfeld will eine Quote für Feuerwehrleute, um dem Personalschwund entgegenzuwirken.

Von Thomas Höfs 15.01.2017, 08:00

Deetz l Die freiwilligen Feuerwehren der Stadt Zerbst leiden seit Jahren unter stetigem Personalschwund. Im Zeitraum von 2010 bis Anfang 2016 reduzierte sich die Zahl der Einsatzkräfte von 601 Frauen und Männer auf 517 Feuerwehrleute.

Wenn sich die Zahl der Einsatzkräfte in den Feuerwehren in dem gleichen Tempo weiter verringert, lässt sich leicht ausrechnen, wann es keine Feuerwehrleute mehr in der Stadt gibt.

Vielfältige Ursachen sieht der Deetzer Feuerwehrmann und ehrenamtliche Kreisbrandmeister Heiko Bergfeld als Gründe der rapide sinkenden Zahlen. So sei einerseits die demografische Entwicklung sicherlich eine Ursache, meint er. Auf der anderen Seite engagierten sich die Menschen nicht mehr wie früher ehrenamtlich in ihren Gemeinden, hat er beobachtet. Daneben gebe es zudem ein riesiges Freizeitangebot, welches es jedem Bürger ermögliche, sich vielfältig zu beschäftigen. Ein großes Problem für die Einsatzbereitschaft der örtlichen Feuerwehren sieht er in den zur Verfügung stehenden Arbeitsplätzen in den Wohnorten der Feuerwehrmitglieder. Nur mit Mühe gelingt es den Wehren bei einer Alarmierung, noch ausreichend Personal zu aktivieren, um handlungsfähig zu sein. Dabei greifen die Zerbster auf ein Konzept zurück, welches in vielen Städten und Gemeinden im Land zur Anwendung kommt. Indem gleich immer mehrere Feuerwehren zu einem Ereignis alarmiert werden, kommt dann in der Regel an der Einsatzstelle die notwendige Stärke für die Abarbeitung der Einsatzaufgabe zustande.

Von den 27 Feuerwehren auf dem Gebiet der Stadt Zerbst sind gerade einmal neben der Wache in der Stadt selbst noch sechs weitere Ortsfeuerwehren rund um die Uhr einsatzbereit. Die Zahl derjenigen Feuerwehren, die bereits nur noch eingeschränkt eine Einsatzbereitschaft vorweisen können, liegt bei 16 Ortswehren. Sie können zwar noch ausrücken, bringen aber nicht mehr die geforderte Sollstärke mit. Bei vier Feuerwehren gibt es dagegen keine Einsatzbereitschaft mehr, teilte die Stadtverwaltung auf Anfrage im vergangenen Jahr mit.

Um die Wehren nicht aufzugeben, die nicht mehr einsatzbereit sind, hat sich die Stadt dazu entschlossen, diese Wehren mit stärkeren Ortswehren zu fusionieren. Erst kürzlich stieß so die Ortswehr Badewitz zur Deetzer Wehr, erinnerte Heiko Bergfeld.

Diejenigen Feuerwehren, die sich nicht mehr entwickelten und auch mal über den Tellerrand schauen, die werde es mittelfristig nicht mehr geben, schätzt er ein. „Da hilft kein Schönreden“, fügt er hinzu. In den kommenden 20 Jahren sei damit zu rechnen, dass sich die Zahl der Ortswehren in der Stadt Zerbst deutlich verringert, ist er überzeugt. Doch wie kann der Trend umgekehrt werden? Die Politik, meint er, habe wenig Mittel dazu in der Hand. Um die Zahl der Einsatzkräfte in den Wehren stabil zu halten, müsste es für die Unternehmen einen Zwang geben. „Es müsste eine Quote für Firmen geben“, sagt er. So wie Unternehmen ab einer bestimmten Personalstärke beispielsweise behinderte Menschen beschäftigen müssen, könnten sie verpflichtet werden, Feuerwehrleute ab einer bestimmten Mitarbeiterstärke anzustellen. Damit verbunden müsste natürlich außerdem die Bereitschaft sein, die Mitarbeiter im Alarmierungsfall für die Feuerwehr freizustellen.

Mit einer Quote für Unternehmen könnten Feuerwehrleute vor Ort einen Arbeitsplatz finden und stünden zur Verfügung, sieht er als Ausweg aus der momentanen Situation. Er glaube aber kaum, dass die Politik zu solch einem Einschnitt in der Lage sei, schiebt er nach.

Denn die Mitgliederentwicklung in den Feuerwehren ist deutschlandweit sehr unterschiedlich. Während vor allem in neuen Bundesländern die Wehren unter der Personalnot stöhnen, gibt es Kommunen in anderen Bundesländern, die keine Bewerber aus Platznot in den Gerätehäusern mehr aufnehmen können.

Zwischen Ost und West gebe es noch eine große Kluft. Die sich in den vergangenen Jahrzehnten noch vergrößerte, erinnert er. Auf hohem Niveau betätigten sich die Wehren bei der Nachwuchsgewinnung. Doch nach der Schule gingen die angehenden Feuerwehrfrauen und -männer oftmals in die westlichen Bundesländer. Dort blieben sie ihrem Hobby treu.

Nach wie vor sind die Wehren in der Jugendarbeit sehr aktiv und rege, weiß Heiko Bergfeld. Die Frage sei für ihn aber, wie viele der jungen Menschen später in der Region Wurzeln schlagen. Ein Patentrezept gegen den weiteren Mitgliederschwund habe er auch nicht, fügt er an.

Doch wenn insgesamt die Region wirtschaftlich und auch demografisch wieder wachse, dürfte es den Feuerwehren in der Zukunft ebenfalls besser gehen. In schrumpfenden Orten mit einer überalterten Bevölkerung ließe sich das Problem nicht lösen, erklärt er.

Erst wenn sich dieser Zustand deutlich umkehre, sei mit einer Trendwende zu rechnen. So lange müssten die Wehren durchhalten und hoffen, dass sich mittelfristig die Mitgliederzahlen wieder nach oben entwickeln.