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Haushalt Kein Stein der Weisen

Der Zerbster Stadtrat hat den Haushalt 2017 und erstmals ein Konsolidierungskonzept beschlossen.

Von Andreas Mangiras 26.05.2017, 17:50

Zerbst l Am Ende war es eindeutig. 22 Ja-Stimmen gegen sechs Nein-Stimmen stellte Stadtratsvorsitzender Wilfried Bustro (CDU) das Ergebnis zugunsten des viel diskutierten Konsolidierungskonzeptes samt Haushalt 2017 fest. CDU, SPD, FDP, Bündnisgrüne und Sportliste sagten Ja. Linke, UWZ und die Freie Fraktion Zerbst lehnten ab.

Ein solches Konzept musste die Stadt erstmals auflegen, weil der Etat ein nicht ausgleichbares Minus von gut 1,2 Millionen Euro aufweist. Die Stadt ist in der Pflicht, den Fehlbetrag in den nächsten Jahren abzubauen. Dafür werden Einnahmen erhöht und Ausgaben gesenkt werden.

So sind mit Saisoneröffnung im Erlebnisbad die Eintrittspreise erhöht worden. Ab August steigen die Kita- und Hortbeiträge um zehn Prozent an. Ab 2018 soll eine Änderung der Hundesteuersätze folgen. Gedacht, aber noch nicht fix ist, alle Steuertarife um 20 Euro zu erhöhen und den Tarif für gefährliche Hunde um 160 Euro.

„Uns gefällt auch nicht alles“, hatte Volker Krüger für seine CDU-Fraktion bekannt. Unter den gegebenen Rahmenbedingungen läge ein gutes Ergebnis vor. Vernunft und Sachlichkeit sprächen für die Zustimmung.

„Wir müssen realistisch sein, um unsere Handlungsfähigkeit nicht zu verlieren“, forderte Steffen Grey für die FDP ein. Im anderen Falle drohten der Stadt Überschuldung und Zwangsverwaltung.

„Wir sind uns der Lage bewusst, dass wir keine Alternative haben“, begründete Bernd Wesenberg das Ja der Bündnisgrünen. Er wolle nicht, dass „in den Ortschaften gesagt wird, seit sie bei Zerbst sind, geht es bergab“.

Genau dies sah Thomas Wenzel so. Die Liste von höheren Kita-Gebühren, Betriebskosten für Vereine oder höhere Hebesätze bei den Grundsteuern waren für den Moritzer Ortsbürgermeister und seine Freie Fraktion Zerbst Grund zum Nein. „Als wir noch selbständig waren, konnten wir selbst entscheiden, was wir tun wollen“, hob er hervor.

Hauptverantwortlich für die schwierige Lage der Kommunen ist für Hans-Ulrich Müller (UWZ-Fraktion) das Land. Es verwehre den Gemeinden eine auskömmliche Finanzausstattung. Deshalb müsste die Kommune Kita-Gebühren erhöhen, eine Service-Gebühr einführen, Freibadeinritte anheben und künftig Betriebskosten von den Vereinen verlangen. „Es mag sein, dass ich nach 18 Jahren im Stadtrat immer noch zu naiv für das Geschäft bin, aber ich träume davon, dass es mal 20 oder 30 Gemeinden gibt, die sagen, wir verweigern ein Zitonenauspressen, ein solches Konsolidierungsprogramm, stellt uns doch unter Zwangsverwaltung.“

„Es kann so nicht weitergehen“, erklärte Michael Dietze die Ablehnung der Linken. Er sieht in der Konsolidierung keine Besserung in Sicht. In den nächsten Jahren würden auf Kosten der Bürger immer wieder die gleichen Punkte angefasst werden müssen, um zu sparen.

„Boykottieren, ohne Alternativen aufzuzeigen, geht gar nicht“, kritisierte Silke Hövelmann (SPD). „Uns gefallen auch viele Dinge nicht, aber nicht zuzustimmen, wäre unverantwortlich, weil es uns handlungsunfähig macht“, erläuterte sie, warum ihre Fraktion Ja zu den Vorlagen sagte.

Das Konzept sei „nicht der Stein der Weisen“, hatte Bürgermeister Andreas Dittmann (SPD für die Zustimmung geworben. Aber der Haushalt solle ein Maximum an sozialem, kulturellen und sportlichem Leben sowie Investitionen ermöglichen. Protest- und Boykottforderungen wies er zurück. Zerbst stünde in vielen Parametern etwa bei den neuen Kita-Gebühren oder den Hebesätzen immer noch günstiger als viele andere Kommunen im Land da. „Ein Recht auf Protest und Klage haben wir erst, wenn wir alle Möglichkeiten ausgeschöpft haben“, so Dittmann. Er widersprach, dass es den Zerbster Orten nach der Eingemeindung schlechter ginge als zuvor. „Bornum zum Beispiel hätte ohne die Eingemeindung wohl keine Feuerwehr mehr und kein neues Fahrzeug bekommen.“

Massiv kritisierte Dittmann die Landesregierung und das SPD-geführte Sozialministerium. Bei der derzeitigen Bewertung des Kinderbetreuungsgesetzes werde versucht, den „Kommunen schon wieder die Schuld anzuhängen, dass die Kosten für den Betrieb von Kindertagesstätten in den letzten Jahren so deutlich angestiegen sind. Sie wissen alle, dass die Realität anders aussieht“, sagte er im Stadtrat.

Die Stadt Zerbst klagt mit anderen Kommunen des Landes vor dem Bundesverfassungsgericht gegen das Land zum Kinderförderungsgesetz. Eine Entscheidung ist noch nicht absehbar.

Mit vier Gegenstimmen von CDU und FFZ und einer Enthaltung billigte eine große Stadtratsmehrheit den Grundsatzbeschluss, kommunale Einrichtungen aufzulösen und zu veräußern. Konkret ging es um die Bürgerhäuser in Polenzko und Lietzo. Auch hier hatte sich Thomas Wenzel für die FFZ noch einmal vehement dagegen ausgesprochen.