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Jubiläum Diakonisches Werk vor 25 Jahren etabliert

Das Diakonische Werk im Kirchenkreis Zerbst wird am 26. September 25 Jahre. Dietrich Landmann, Geschäftsführer, blickt auf die Anfänge.

Von Nadin Hänsch 30.06.2017, 01:01

Zerbst l Anlässlich des 25. Jahrestags des Diakonischen Werkes im Kirchenkreis Zerbst startet die Volksstimme mit der Serie „25 Jahre Diakonie Zerbst“. Zum Auftakt blickt Geschäftsführer Dietrich Landmann auf die Anfänge und Probleme zurück.

„Nach dem Zweiten Weltkrieg und der staatlichen Teilung Deutschlands konnte sich im Westen die Diakonie als Wohlfahrtsverband in ungebrochener Tradition weiter entwickeln“, so Landmann. Anders sei es im Osten gewesen. „Hier ließ eine restriktive Unterbindung von Vereinstätigkeit – schon unter sowjetischer Militäradministration – eine weitere Verbandsarbeit nicht zu. Die Wohlfahrtsverbände wurden verstaatlicht oder aufgelöst. Die Diakonie-Träger zogen sich überwiegend organisatorisch unter das Dach der Landeskirchen zurück.“ Vor allem in den fünfziger Jahren seien diese zahlreichen Restriktionen und Reglementierungen des Staates ausgesetzt gewesen. Verhaftungen des Leitungspersonals, Enteignung von Grundstücken und Gebäuden seien die Konsequenz gewesen.

„Schon früh entzog die DDR-Regierung der Diakonie eines ihrer Hauptarbeitsfelder, die Kinder- und Jugendhilfe. Die Einrichtungen waren gezwungen sich neu zu orientieren“, erklärt Landmann. So habe sich die Betreuung und Förderung geistig behinderter Menschen als Schwerpunkt der Arbeit in vielen diakonischen Einrichtungen entwickelt. „Im Laufe der Jahre erwarb sich die Diakonie auf diesem Gebiet ein so hohes Ansehen, dass der Staat nicht umhinkam, dies bedingt anzuerkennen.“ Die von der Diakonie konzipierte Ausbildung in der Heilerziehungspflege stehe hierfür beispielhaft. Auch diakonische Krankenhäuser seien wegen ihres Ansehens und des allgemeinen Mangels im Gesundheitswesen geduldet gewesen.

„Anders erging es den gemeindenahen Diensten, der offenen Sozialarbeit (Fürsorge) und der Gemeindekrankenpflege. Die Verankerung kirchlich-diakonischer Arbeit in der Mitte der Gesellschaft sollte nach Möglichkeit zurückgedrängt und ausgeschaltet werden“, sagt Landmann. Auch wenn bis weit in die DDR-Zeit hinein diakonische Hauskrankenpflege vielerorts noch üblich geblieben sei, so sei dieses Engagement dem DDR-Staat ein Dorn im Auge gewesen.

In Zerbst waren Diakonissenschwestern in der Gemeindekrankenpflege bis in die siebziger Jahre hinein noch tätig. In Natho tat die Diakonisse Gertrud Straßburg bis 1987 ihren Dienst. Die Evangelische Kirchengemeinde in Roßlau beschäftigte „zivile“ Gemeindeschwestern sogar bis zum Ende der DDR-Zeit. Mit ihren bescheidenen Mitteln versuchten die Kirchen, dem Totalitätsanspruch der SED entgegen zu wirken und Freiräume für Alternativen zu öffnen, zählt Landmann auf.

Mit der Anstellung eines ersten Sozialdiakons 1981 sei es zu einem weiteren Versuch, die diakonische Arbeit im Kirchenkreis Zerbst zu beleben gekommen, allerdings sei dieser Versuch zunächst gescheitert. „Schon nach wenigen Monaten warf der erste Sozialdiakon das Handtuch und verließ Zerbst wieder“, so Landmann weiter. „Erst mein Vorgänger Gottfried Collatz (1982-1987 Sozialdiakon im Kirchenkreis Zerbst) setzte Akzente: Ein ,Kreisausschuss für Gemeindediakonie‘ entstand, eine Körperbehindertengruppe mit Helferkreis bildete sich, ein Kreis ,Eltern mit geistig behinderten Kindern‘ traf sich in Coswig, Diakonietage und –gottesdienste und Freizeiten für Senioren und für Menschen mit Behinderungen wurden organisiert“, führt Landmann vor Augen.

„Als ich im Sommer 1988 als Sozialdiakon in den Kirchenkreis kam, fand ich schon etliche Aktivitäten vor. Kirchenkreissozialarbeit, Ambulante Behinderten- und Suchtkrankenhilfe wurden damals Schwerpunkte meines Dienstes“, erinnert sich Landmann. Auch die Vermittlung von Akuthilfen aus der Bundesrepublik – Medikamenten- und Hilfsmittelbeschaffungen – seien von der Kreisdiakoniestelle organisiert worden. „Bis zum Umbruch der Verhältnisse blieb mir allerdings nur noch ein reichliches Jahr Zeit. Dann änderten sich die Anforderungen grundlegend.“

Innerhalb weniger Monate entstanden in allen Anhaltischen Kirchenkreisen Diakoniestationen. Zunächst ohne finanzielle Absicherung, meist ohne das bis dahin räumliche und technische Voraussetzungen geschaffen werden konnten, begannen diese Stationen am 1. Januar 1991 ihren Dienst und übernahmen die Gemeindekrankenpflege und Sozialarbeit in ihren Einzugsbereichen, die die staatlichen Polikliniken oder Kreiskrankenhäuser zum 31. Dezember 1990 abwickelten, schaut Landmann zurück. Etliche Sozialeinrichtungen und Dienste wechselten in dieser Zeit in diakonische Trägerschaft über.

Das habe zur Folge gehabt, dass die Arbeit fortan nicht mehr zentral vom Diakonischen Amt in Dessau aus geleitet und verantwortet werden konnte. Die Verantwortung musste auf die Kirchenkreisebene oder in die Regionen verlagert und dezentralisiert werden.

War schon Anfang den achtziger Jahre in Zerbst die erste Anhaltische Kreisdiakoniestelle entstanden, so war es nun wieder der Kirchenkreis Zerbst, der sich als erster in Anhalt mit der Gründung eines Kreisdiakonischen Werkes befasste, erinnert Landmann. „Ein Arbeitskreis des Pfarrkonventes hatte die Übernahme der Rechtsträgerschaft über die diakonischen Dienste vorbereitet. Über ein Jahr lang war der Arbeitskreis beschäftigt, auch um die teilweise erheblichen Bedenken und Widerstände gegen die Gründung eines Diakonischen Werkes im Kirchenkreis zu überwinden.“ In der DDR-Zeit habe man sich an eine „Nischenexistenz“ gewöhnt gehabt. In etlichen Kirchengemeinden habe die Angst bestanden, sich nun zu überfordern.

Als am 26. September 1992 die Kreissynode in St. Trinitatis in Zerbst zusammentrat, war keineswegs sicher, ob sich ausreichend Gemeinden zur Mitgliedschaft bereitfinden würden, um die Vereinsgründung zu ermöglichen. „32 evangelische Gemeinden des Kirchenkreises Zerbst erklärten letztlich ihre Mitgliedschaft. Die Kreissynode konnte mit deutlicher Mehrheit die Gründung des Vereins ,Diakonisches Werk im Kirchenkreis Zerbst e.V.‘ beschließen“, fasst Landmann zusammen. In der Folgezeit seien dann alle Kirchengemeinden dem Diakonischen Werk als Mitglieder beigetreten.

25 Jahre nach Gründung sei der Verein längst etabliert und ein anerkannter Mitgestalter der sozialen Infrastruktur in der Region. Mit seinen derzeit 75 hauptamtlichen und 30 ehrenamtlichen Mitarbeitern sei das Diakonische Werk im Kirchenkreis Zerbst in der Alten- und Krankenpflege, in der Behindertenhilfe, in der Unterstützung von Migranten und Flüchtlingen, in der Kinder- Jugend- und Familienhilfe engagiert und leiste Sozialarbeit zur Verminderung von Armut und Ausgrenzung.