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Kita-Betreuung Eltern droht doppelte Erhöhung

Die Stadt Zerbst plant die Anhebung der Kita-Beiträge um maximal 20 Euro. Zudem soll zusätzlich eine Servicepauschale erhoben werden.

Von Daniela Apel 01.03.2017, 00:01

Zerbst l „Das ist eine Schweinerei“, findet Stephanie Körprich klare Worte, um ihrem Ärger Luft zu machen. Bereits jetzt zahlt sie für eine zehnstündige Krippenbetreuung 195 Euro. „Dazu kommen über 50 Euro Essensgeld“, erzählt sie. Macht bereits 245 Euro, die sie derzeit im Monat dafür ausgibt, dass ihr Nachwuchs die Kita „Zerbster Strolche“ besucht. Kommt es zu den geplanten Anhebungen, muss sie zukünftig gar 285 Euro aufbringen. Das Kindergeld von 192 Euro reicht da längst nicht mehr aus. „Wie soll das jemand stemmen, der alleinerziehend ist und nur 1000 Euro verdient?“, fragt sich die junge Zerbsterin.

Mandy Kirchner reagiert ebenfalls mit völligem Unverständnis auf die vorgesehenen Erhöhungen. Mit Kopfschütteln berichtet sie von dem Aushang in der Einrichtung der „Zerbster Strolche“, der die Erhebung einer Servicepauschale ankündigt. Diese betrifft die Vor- und Nachbereitung von Frühstück, Mittag und Vesper wie das Kochen von Milch und Tee, das Abräumen und Abwaschen des Geschirrs und das Ausgeben der Speisen – Aufgaben, die von Küchen- beziehungsweise Hauswirtschaftskräften übernommen werden. Sie fragt sich, weshalb diese Kosten künftig separat erhoben werden sollen. „Das ging doch bis jetzt anders“, bemerkt sie.

Der Landkreis Anhalt-Bitterfeld schiebt dem allerdings einen Riegel vor und beruft sich damit auf das Kinderförderungsgesetz. Konkret auf Paragraph 13, Absatz 7. Darin steht, dass die Eltern die Verpflegungskosten übernehmen. „Dies beinhaltet das Essen selbst und die Essenausgabe, Abwasch des Geschirrs und so weiter“, lautet die Interpretation des Kreises. Deshalb sind die Küchenkräfte kein Bestandteil der Leistungs- und Entgeltverhandlungen mit den Trägern der Kitas. Sprich, es handelt sich damit um keine anrechenbare Kosten, die vom Kreis mitgetragen werden.

Allerdings ist dies keine Muss-Regelung, sondern eine Option, wie es aus dem Landessozialministerium heißt. So wenig, wie eindeutig geregelt ist, was im Einzelnen unter Verpflegungskosten fällt, so offen ist es, ob und in welchem Umfang Küchenkräfte als betriebsnotwendig anerkennt werden. „Dies bleibt den zwischen dem Träger und dem Landkreis zu schließenden Vereinbarungen vorbehalten“, erklärt Pressesprecherin Ute Albersmann. Wie sie erläutert, ist der Träger „auf Wunsch der Eltern verpflichtet“, eine kindgerechte Mittagsverpflegung bereitzustellen. Die Finanzierung erfolgt durch die Eltern. „Die Gemeinde kann die Kosten für die Erstellung des Mittagsessens ganz oder teilweise übernehmen. Bei Catering dürften die Kosten jedoch in vollem Umfang an die Eltern weitergegeben werden“, führt sie aus.

Fakt ist, dass die aktuell abgeschlossenen Leistungs-, Entgelt- und Qualitätsentwicklungsvereinbarungen (LEQ) – so die genaue Bezeichnung – keinen Spielraum zulassen. „Ich sehe keinen Ansatz, wie man dagegen vorgehen kann“, sagt Evelyn Johannes, Amtsleiterin der Zerbster Finanz-, Sozial-, Schul- und Sportverwaltung. Mit der kommunalen Kita „Knirpsentreff“ ist die Stadt selbst von dieser Kifög-Auslegung betroffen und wird deshalb ab April eine zusätzliche monatliche Servicepauschale in Höhe von 20 Euro von den Eltern erheben. Denn die Kosten würden von keinem anderem übernommen.

Mit diesem Betrag müssen ebenfalls die Familien rechnen, deren Kinder eine Einrichtung der Volkssolidarität besuchen. Dort war zunächst eine Pauschale von 25 Euro angekündigt. Im Zuge der Gleichbehandlung sollen es 20 Euro werden, wie Cornelia Kurowski erklärt. Heute sollen den Eltern die entsprechenden Verträge in den Kitas ausgehändigt werden, informiert die Geschäftsführerin der Kinder-, Jugend- und Familienwerk gGmbH der Volkssolidarität. „Es ist uns sehr, sehr schwer gefallen, diesen Weg zu gehen“, gesteht sie. Doch die Ausgaben für die Küchenkräfte müssten finanziert werden, wobei die Pauschale nicht kostendeckend sei, wie Cornelia Kurowski anmerkt.

Die Kitas des Albert-Schweitzer-Familienwerkes sind ebenfalls betroffen. Dort soll die Servicepauschale in ähnlicher Höhe eingeführt werden, aber nicht schon im April, teilt Verwaltungsleiterin Monika Bothendorf mit. Ausgenommen ist einzig die Kita „Benjamin Blümchen“ in Zerbst. Dort gibt es bereits ein Mahlzeiten-Ganztagsangebot, für das die Eltern 4,85 Euro pro Tag zahlen. „Die Servicepauschale ist da schon drin“, erläutert sie.

Der Freie Kindergarten werde die Servicepauschale erstmal nicht erheben, erzählt Leiterin Silke Alarich von den Elterndiensten, wodurch die Hauswirtschaftskraft entlastet wird.

Gemeindeelternvertretung und auch einige Lokalpolitiker sind gegen die Erhöhung der Kita-Beiträge und die Einführung einer Servicepauschale. Sie haben deshalb zu einer Demonstration aufgerufen.