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Kitabeiträge Fraktionschefs schreiben an Räte

Vor der Erhöhung der Kita-Beiträge sollen alle Ausgbaben von Zerbst auf den Prüfstand. Das fordern drei Fraktionschefs.

Von Sebastian Siebert 27.02.2017, 13:03

Zerbst l Mit einem offenen Brief haben sich drei Fraktionsvorsitzende an die anderen Stadtratsmitglieder gewandt. Hans Ulrich Müller (UWZ), Mario Rudolf (FFZ) und Michael Dietze (Linke) sind die Unterzeichner der E-Mail, die am Freitagabend auch die Volksstimme-Redaktion erreichte.

Darin rufen die Unterzeichner dazu auf, sich gegen den Haushaltsentwurf zu entscheiden, solange dieser eine Erhöhung der Gebühren für die Kindertagesstätten und Horte in der Einheitsgemeinde enthält.

Der aktuelle Vorschlag der Verwaltung sieht Beitragserhöhungen von maximal 20 Euro je Betreuungsart vor, die vor allem im Hortbereich dennoch zu einem deutlichen Anstieg führen. Mussten für den Frühhort bislang monatlich 40 Euro gezahlt werden, wären es in dem Fall künftig 60 Euro – eine Anhebung um 50 Prozent (Volksstimme berichtete).

Der Haushaltsentwurf weist ein Minus von 1,2 Millionen Euro in der Stadtkasse auf. Daher wird Zerbst in diesem Jahr auch einen Konsolidierungsplan beschließen müssen, das ist ein Plan, in dem festgehalten wird, wie dieses Haushaltsloch geschlossen werden kann, also wo mehr Geld eingenommen und wo mehr Geld eingespart werden kann. Und eine der Mehreinnahmen ist die Erhöhung der Kita-Gebühren.

„Wir sind uns ja wohl einig, dass das im Jahr 2013 verabschiedete KiFög alles andere als ein großer Wurf geworden ist. Wir empfinden das Gesetz eher als eine große Katastrophe. Und diejenige, die seinerzeit als Interessenvertreterin der Freien Träger dort entscheidend mitgewirkt hat, ist heute als Ministerin aufgefordert, endlich nachbessernd zu liefern“, heißt es in dem Offenen Brief. Zudem haben mittlerweile einige Kitas angekündigt, eine Service-Pauschale von 25 Euro zu erheben. Damit soll unter anderem die Zubereitung von Essen und das Abwaschen von Geschirr teils durch externe Anbieter erledigt werden. Diese Leistung wird durch die Gebührenordnung nach dem Kifög nicht gedeckt, weil sie nicht Aufgabe des pädagogischen Personals ist. So legt es jedenfalls der Landkreis Anhalt-Bitterfeld aus.

Neben der geplanten Erhöhung durch die Stadt komme hier also gleichzeitig ein zweite Mehrkostenbelastung auf die Eltern zu, steht in dem Schreiben. Die Unterzeichner rufen die Räte auf, alle Ausgaben der Stadt noch einmal zu überprüfen und im Sinne der Konsolidierung zur Diskussion zu stellen, bevor man erwäge, die Kita-Gebühren weiter zu erhöhen. Hans Ulrich Müller: „Unser Appell richtet sich an alle Stadträte. Als Bekenntnis für eine kinderfreundliche Stadt.“

Im Schreiben steht: „Hierbei können wir zum Beispiel folgende Aspekte in Betracht ziehen: Die Stadt Zerbst leistet sich in diesem Jahr gleich drei große kulturelle Events (Kulturfesttage, Faschfesttage und Prozessionsspiel), wir haben 100 000 Euro übrig für 23 Meter Stadtmauersanierung und wir haben einen der niedrigsten Gewerbesteuersätze in der Region.

Alles Positionen, über die in der Haushaltsberatung ergebnisoffen diskutiert werden muss, im Sinne einer Haushaltskonsolidierung.“

Auf Nachfrage, ob für diese Projekte in diesem Jahr überhaupt noch Spareffekte möglich seien – schließlich sei ja der Stadtmauerauftrag bereits im vergangenen Jahr ausgelöst worden beziehungsweise soll das Prozessionsspiel im September nach Aussage des Bürgermeisters ohne Zugabe von Mitteln durch die Stadtkasse erfolgen – konkretisierte Hans Ulrich Müller:

„Von den angesprochenen Projekten gibt es sicherlich einige, wo dieses Jahr kein Einsparpotential existiert, bei nachhaltig angespannter Finanzsituation aber perspektivisch diskutiert werden muss. Muss in jedem zweiten Jahr sowohl Kulturfesttage als auch Faschfesttage stattfinden? Können letztere auch alle drei Jahre stattfinden und dem betreffenden Jahr dann keine Kulturfesttage?“

Große Einsparmöglichkeiten sehe er bei den Kulturveranstaltungen zwar nicht, wolle aber eine ergebnisoffene Diskussion anstoßen. Bis Mittwoch erwarte er zudem Zahlen zu den Gewerbesteuern von der Verwaltung. „Schau`n wir mal“, so Müller, ob sich bei einer Erhöhung Mehreinnahmen ergeben könnten, welche im Ansinnen der Eltern weiterhelfen könnten. Bürgermeister Andreas Dittmann (SPD) hatte im Vorfeld allerdings mehrfach gesagt, dass das mit ihm nicht vor 2020 zu machen sei. Denn viele der Ortschaften haben sich einen Hebesatz im Zuge der Gemeindereform in den Verträgen bis 2019 festschreiben lassen. Eine Erhöhung käme so nur für die Kernstadt in Frage, so Dittmann, und das führe zu einer Ungerechtigkeit, die er nicht wolle.

Für Mittwoch (17 Uhr, Katharina-Saal der Stadthalle) ist unter Punkt 10 der Tagesordnung der Stadtratssiztung die Einbringung des Haushaltes in den Stadtrat durch den Bürgermeister Andreas Dittmann geplant.

Dabei wird er den Entwurf des Haushalts an die Ratsmitglieder aushändigen und mit einigen Erläuterungen auf die Positionen eingehen.

Erst nach mehrfacher Lesung und Diskussion wird der Haushalt dann bei einer anderen Sitzung zur Abstimmung gestellt, Dittmann hofft auf die Mai-Sitzung.

In den sozialen Netzwerken werden derzeit betroffene Eltern unter anderem von der Gemeindeelternvertretung Zerbst dazu aufgerufen, an der Stadtratssitzung teilzunehmen. Mit ihrer Präsenz wollen die Eltern zeigen, dass sie gegen eine Erhöhung der Beiträge und vor allem auch gegen die Zahlung einer Service-Pauschale sind.