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Kunst Die Zeit ist ein blauer Faden

Das Kunstfenster in Zerbst ist neu bestückt. Mit Stefan Kotschinski stellt ein alter Bekannter in dem kleinen Raum an der Breite aus.

Von Sebastian Siebert 08.08.2016, 01:01

Zerbst l Fast ohne sich umzudrehen, beginnt Stefan Kotschinski zu erzählen. „‚Schief gewickelt‘ heißt die Ausstellung“, sagt er. Sie besteht aus einigen für ihn schon fast typischen Figuren. „Die beiden da vorn sind aus alten DDR-Einkaufskörben hergestellt“, erzählt er. Dabei schreitet er vorsichtig durch den Raum und lässt durch seine Finger einen Wollfaden gleiten. Hier und da knüpft er ihn an einen Nagel in der Wand, führt ihn zurück, zwischen den Exponaten hindurch, zu einer anderen Wand und immer weiter. „Wenn Sie genau hinsehen, können Sie das noch erkennen“, fügt er an.

Auf zwei Podesten stehen ebenfalls mit Wollfaden umsponnene Skulpturen. „Das sind Schiffe“, sagt er. Dafür hat er um eine alte Fernseh-Antenne die Fäden herumgeführt, bis ein fast nestähnliches Geflecht, das – wenn man über die Information verfügt – tatsächlich einem Schiffsmast ähnelt.

Andere Skulpturen sind komplett mit Wolle umwickelt. So eng, dass es für das Auge kaum noch erkennbar ist und der Betrachter im ersten Augenblick nur eine flauschige Form erkennt, deren Farbe sich an ihrem Verlauf ändert.

„Es ist schon viel Arbeit, den Faden dort immer lang zu führen, besonders auch bei den Schiffen“, erklärt der Dessauer, der während dessen weiter den Raum mit seinem Wollfaden durchzieht. „Es braucht Geduld und Geschick, aber dann kann man das so oft tun, wie man will“, sagt er und wechselt mit dem Faden noch einmal quer durch den Raum.

Das, was er gerade tue, sei eigentlich nichts Neues. In einigen Galerien werde so auch der Raum gefüllt. Man müsse nur aufpassen, dass man sich selbst nicht einspinne, sagt er. „Der Faden ist blau. Das ist die Farbe der Zeit“, sagt er. Und das referiere auch auf die Ausstellung, die sei schließlich auch begrenzt und so, wie der Faden sich durch das Kunstfenster ziehe, werde er es dann auch nicht wieder tun. Das Werk sei also vergänglich, die Zeit zieht sich durch das Werk erklärt er. Dann muss er innehalten und sucht den Nagel, der ihm nun für seinen letzten halben Meter Faden gereicht. Er findet ihn, knotet das Band fest und sagt: „Und nun ist es fertig.“

Giso Kakuschke, selbst Künstlerin, die das Schauspiel beobachtet sagt: „Ich finde, Du bist ein großartiger Geschichtenerzähler. Und das sieht man deinen Figuren auch an.“ Stefan Kotschinski bedankt sich für das Lob und ihm fällt dazu ein, dass er tatsächlich neue Geschichten zu erzählen hat. „Skurril wahre Weihnachtsgeschichten“ heißt sein neues Hörbuch, dass er im November zuerst in Dessau vorstellen wird. „Nach Zerbst werde ich sicher auch kommen. Zerbst ist ja ein Ort, an dem ich gern künstlerisch tätig bin“, erzählt er.

Das nächste Mal wird er spätestens am 15. September in Zerbst sein. Dann nämlich wird die Ausstellung abgebaut, abgewickelt könnte man sagen, um im Bild zu bleiben. Der nächste Aussteller steht auch schon fest. Reimar Kakuschke wird das Fenster dann bespielen.

Womit, steht jedoch noch nicht bis ins letzte Detail fest, war zu erfahren.