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Neue Ausstellung Kirchen sind ein Geschichtsbuch

Stille Schönheiten und Bestechungsversuche in Stein präsentiert Gerald Götze im Zerbster Kunstfenster. 24 Werke stellt er aus.

Von Daniela Apel 02.02.2017, 06:07

Zerbst l „Kirchen sind ein offenes Geschichtsbuch, wenn man es lesen kann“, sagt Gerald Götze. Bauliche Veränderungen seien ebenso erkennbar wie der Wandel im christlichen Glauben oder die Zerstörungskraft des Krieges, führt der 74-Jährige aus, der schon immer zeichnete. Und das hatte berufliche Gründe, erzählt der Hobbykünstler, der nicht nur als Malermeister tätig war, sondern ebenfalls als Restaurator im Handwerk. Bestandsaufnahmen historischer Gebäude gehörten zu seiner Arbeit. Seit er nun im „Unruhestand“ ist, wie es Gerald Götze beschreibt, betreibe er das Zeichnen intensiv. Vorher sei es eine Leidenschaft gewesen, der er vor allem im Urlaub nachging.

Im Zerbster Kunstfenster präsentiert der Dessauer nun bis Anfang März einige Werke seiner Kirchenserie, die insgesamt etwa 70 Objekte umfasst. Für die gläserne Galerie auf der Breite hat er 24 Bilder ausgewählt. Es handelt sich hauptsächlich um Gotteshäuser aus dem Kirchenkreis Zerbst und dem Fläming. Es finden sich darunter aber auch Sakralbauten von der Ostseeküste und aus anderen Teilen Sachsen-Anhalts.

Und jede ist ein Spiegel ihrer Zeit. Gerald Götze spricht von „stillen Schönheiten“, die nicht nur christliche Stätten, sondern ebenfalls handwerkliches Vermächtnis und kulturelles Erbe sind. „Kirchen sind Seelen und Gedächtnis der Menschen“, erklärt er begeistert. Oder sind es doch nur Denkmäler des menschlichen Stolzes?, fügt er hinzu, um noch etwas provokanter von „Bestechungsversuchen in Stein“ zu sprechen. Damit zielt der 74-Jährige auf die gotischen Kathedralen ab, die zu Ehren Gottes immer größer und prachtvoller wurden. Die Feldsteinkirchen des 12./13. Jahrhunderts indes boten den Menschen einen geschlossenen Raum für ihren Glauben, waren zugleich ein Zufluchtsort, der ihnen Schutz bei Angriffen und Katastrophen bot.

Gerald Götzes Faszination für Kirchen ist im Gespräch deutlich spürbar. Zu jeder hat er wichtige Eckdaten zur Baugeschichte zusammengetragen, die für ihn als Fachmann oft von den Gotteshäusern selbst ablesbar sind. An der Radfahrerkirche St. Nicolai zu Steckby zum Beispiel. Der Fachwerkturm mit barocker Haube und Laterne hebt sich kontrastreich vom ursprünglich romanischen Bau ab. „Die katholische Priesterpforte an der Seite ist zugemauert“, weist der 74-Jährige auf ein Merkmal hin, das auch für andere Gotteshäuser in unserer evangelisch geprägten Gegend typisch und eine Auswirkung der Reformation ist.

Wenn Gerald Götze die sakralen Bauten in Bildern einfängt, legt er auf eine realistische Darstellung wert, um den derzeitigen Zustand zu dokumentieren. Nicht jeder einzelne Stein findet sich in seinen Werken wider, aber eben fast jeder, will er doch den markanten, individuellen Charakter jeder Kirche einfangen. „Das wirkt manchmal recht pingelig“, gibt er zu.

Vor Ort fertigt der Dessauer Bleistiftskizzen an. „Und ich mache von allen Seiten Fotos, auch von Details“, schildert Gerald Götze sein Vorgehen. Im heimischen Atelier erfolgt das saubere Zeichnen mit einem Fineliner. Um die Gotteshäuser gekonnt in Farbe zu setzen, greift er auf die Aquarelltechnik zurück. Mitunter wendet er das Aquatinta-Verfahren an, wodurch die Motive in Sepia- und Grüntönen dem Betrachter entgegenwirken. „Durchschnittlich zehn bis 15 Stunden benötige ich für ein Bild“, verrät der Dessauer. Die Werke des Kirchenserie sind 2015 und 2016 entstanden, manche erst in diesem Jahr. Und längst hat der 74-Jährige noch nicht alle sakralen „Schönheiten“ auf Papier gebannt.

Übrigens: Wer sich für die gesamte Ausstellung interessiert, kann sich gern an ihn wenden. Auch der Erwerb der Bilder ist möglich. Erreichbar ist Gerald Götze telefonisch unter 0177/728 52 56.