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Prozessionsspiel Mit Appetithappen Neugier wecken

Die Neuaufführung des Prozessionsspiels in Zerbst ist ein Großereignis. In der Stadthalle gab es jetzt erste Einblicke zum Appetitholen.

Von Daniela Apel 25.02.2017, 00:01

Zerbst l „Hört her, merkt auf, versteht!“ hieß es am Donnerstag in der Stadthalle. Viele Interessierte hatten sich im Katharina-Saal eingefunden, um erste Einblicke in die Neuinszenierung des vorreformatorischen Zerbster Prozessionsspiels zu erhalten. An diesem Abend sollte der Vorhang zumindest ein wenig gelüftet werden, um neugierig zu machen auf die moderne Wiederbelebung des spätmittelalterlichen Großereignisses, das einst tausende Schaulustige in die anhaltische Residenzstadt lockte.

„Spätestens jetzt ist das Projekt nicht mehr aufzuhalten“, begrüßte Bürgermeister Andreas Dittmann die Besucher. Zumal inzwischen die ersten Karten für die Aufführungen vom 8. bis zum 10. September bestellt seien. „Wir müssen es nun durchziehen“, bemerkte er schmunzelnd. Zugleich rief er auf, sich einen Platz zu sichern. Und das nicht nur, um die Premiere nicht zu verpassen und live mitzuverfolgen. Sondern auch wegen einer „abenteuerlichen Idee“. Denn nach wie vor gelte die Aussage, die Neuinszenierung ohne städtischen Zuschuss zu realisieren, betonte Dittmann. Vielmehr sollen die geschätzten Gesamtkosten von über 140 000 Euro durch Sponsoren, Fördermittel und eben Eintrittsgelder gedeckt werden.

Zu den Unterstützern gehört unter anderem das Land Sachsen-Anhalt, welches das Projekt mit 40 000 Euro bezuschusst. Ministerpräsident Reiner Haseloff ist einer der Schirmherren des Prozessionsspiels, als weiterer konnte der Kabarettist, Mediziner, Autor und Moderator Eckart von Hirschhausen gewonnen werden.

Als Mäzen bezeichnete Dittmann den künstlerischen Leiter der neuzeitlichen Wiederaufführung Professor Hans-Rüdiger Schwab, der diese Aufgabe ehrenamtlich ausübt. Allein Fahrt- und Übernachtungskosten bekommt er erstattet. Aber auch die über 350 Mitwirkenden aus Zerbst und den Ortsteilen – aus Vereinen, Kirchgemeinden und Schulen sowie Privatpersonen – treten ohne Gage auf. Laiendarsteller wie Regisseur eint die Begeisterung für das ehrgeizige Projekt. „Die Resonanz ist toll“, fand auch Andreas Dittmann, der selbst neben Landrat Uwe Schulze auf der Bühne stehen wird. Gemeinsam mit Mitarbeitern der Stadtverwaltung und Mitgliedern des Stadtrates werden sie die „14 Nothelfer“ verkörpern. „Das macht Riesenspaß“, blickte der Bürgermeister auf die Proben.

Diese finden bislang „mehr oder minder im stillen Kämmerlein“ statt, formulierte es Dittmann. Vorgestern Abend jedoch wurde es zumindest für einige Beteiligte ernst. Und zwar für jene, die dem Publikum der Stadthalle einen ersten Eindruck von dem vermittelten, was im Spätsommer auf der Open-Air-Bühne des Marktplatzes zu erleben sein wird.

Die Theatergruppe des Francisceums durfte da nicht fehlen. Immerhin übernimmt diese eine „tragende Rolle“, wie es Hans-Rüdiger Schwab ausdrückte. Unter Leitung von Heike Richert agieren die Gymnasiasten als Sprechchor, der in die einzelnen Szenen einführt. Auf welche Weise dies geschehen kann und welche Wirkung schon geringe Nuancen in Betonung und Interpretaion haben, veranschaulichten die jungen Akteure anhand eines Beispiels: der Überleitung zu den „Zehn Geboten“, die von Mitgliedern des Essenzen-Vereins ausgefüllt werden.

„Wir möchten das Positive an den Geboten darstellen“, erläuterte Stephanie Kölling. Gemeinsam mit Christina Dammann verdeutlichte sie, wie die Szene zunehmend Gestalt annimmt – übrigens die einzige, in der auch gesprochen wird. „Wir haben uns mit menschlicher Vernunft auseinandergesetzt“, erzählte Christina Dammann. Zugleich schilderte sie die Überlegung, Zerbstern auf der Alten Brücke Was-wäre-wenn-Fragen zu stellen – „Was wäre, wenn du nicht lügst?“, zum Beispiel – und eine Ton-Collage davon anzufertigen.

Zunächst werde stets der Grundgedanke entwickelt, bevor Ideen diskutiert und auf ihre Umsetzung geprüft werden, beschrieb Hans-Rüdiger Schwab das Vorgehen bei der Neuinszenierung. Insgesamt 23 biblische Szenen werden auf ganz unterschiedliche Weise multimedial inszeniert – mit Musik und Geräuschen, Lichteffekten und bewegten Bildern auf einer Videoleinwand. Sogar mehrere Pferde sind involviert – von dem „echten“ Wal und den gleich vier Drachen, gegen die der Heilige Georg kämpfen muss, mal abgesehen. Auf jede einzelne Szene ging Hans-Rüdiger Schwab kurz ein, ohne zu viele Details zu verraten, aber die Neugier zu wecken.