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Ruhestand Endlich entspannt ein Buch lesen

Margitta Benecke leitete fast 30 Jahre lang die Zerbster Stadtbibliothek. Jetzt geht sie vorzeitig in den Ruhestand.

Von Daniela Apel 30.06.2017, 01:01

Zerbst l Heute hat Margitta Benecke ihren offiziell letzten Arbeitstag. Die 63-Jährige verabschiedet sich als Leiterin der Zerbster Stadtbibliothek. Sie nimmt Abschied von einem Beruf, in den sie einst durch Zufall rutschte. Bereut hat sie die Entscheidung nie, spricht vielmehr von einem „Glückstreffer“.

Denn als sie ihr Abitur an der EOS „Albert Kuntz“, dem jetzigen Gymnasium Francisceum, ablegte, „sollten viele Lehrer werden“, erinnert sich Margitta Benecke. Stimmlich sei sie dafür allerdings nicht geeignet, erklärte ihr damals der Arzt und schlug eine Alternative vor: „Wie wär‘s mit Bibliothek?“, meinte er. „Damit konnte ich mich gleich identifizieren“, erklärt die gebürtige Zerbsterin. Ein dreijähriges Studium an der Fachschule für wissenschaftliches Bibliothekswesen in Leipzig folgte. Dem schloss sich ein Praktikumsjahr an, das sie in der wissenschaftlichen Bibliothek des Forschungsinstituts Erdöl/Erdgas in Gommern absolvierte.

Nachdem Margitta Benecke Mutter geworden war, versuchte sie, direkt in Zerbst eine Anstellung zu finden. „Ich bekam dann im Juli 1979 die Möglichkeit, bei der wissenschaftlichen Abteilung der Stadt- und Kreisbibliothek anzufangen.“ Zu jener gehörte ebenfalls die historische Francisceumsbibliothek, die ihr Arbeitsort werden sollte.

Schließlich erhielt Margitta Benecke das Angebot, die Leitung der Stadt- und Kreisbibliothek zu übernehmen. Im März 1988 löste sie Magdalena Fischer ab und sah sich und ihr Team wenig später mit der ungewissen Wendezeit konfrontiert. „Keiner wusste, wo fährt der Zug mit uns Kultureinrichtungen hin?“ Die 63-Jährige erzählt vom Aufatmen, als klar war, dass die Bibkliothek in Trägerschaft der Stadt weiter existieren wird. Auch an die plötzlich zur Verfügung stehenden Fördermittel, mit denen Bücher und Mobiliar angeschafft werden konnten, denkt sie gern zurück. Einziger Wermutstropfen waren die Einschnitte beim Personal.

Als spannende Herausforderung betrachtete Margitta Benecke stets, als Bibliothek auf die jeweiligen gesellschaftlichen, politischen und technischen Entwicklungen zu reagieren. „Wir haben oft umgeräumt“, berichtet sie vom sich wandelnden Bestand. Ruhten früher doppelt so viele Sachbücher als Belletristik in den Regalen, hält sich das Verhältnis inzwischen die Waage. Für Vorträge recherchieren Schüler heutzutage eher im Internet. Dennoch betrachtet Margitta Benecke die Bibliothek nicht als Auslaufmodell. Zumal längst auch Hörbücher, DVDs und elektronische Medien ausgeliehen werden können. Darüber hinaus finden zahlreiche Veranstaltungen rund ums Lesen vor allem für den Nachwuchs statt. An die leuchtenden Augen von begeisterten Kindern erinnert sich die 63-Jährige mit am liebsten. Neben den Gesprächen an der Ausleihe machte ihr die Bestandsarbeit in ihrem „vielschichtigen Beruf“ besonderen Spaß, herauszufinden, welche Bücher für die Leser interessant sind.

„Ich persönlich habe keinen Lieblingsautor“, gesteht Margitta Benecke, die der Stadtbibliothek auf alle Fälle als Nutzerin erhalten bleiben will. „An meinem letzten Tag werde ich eine Tasche voll Bücher mitnehmen“, verrät sie im Vorfeld. Denn ihren Ruhestand möchte die 63-Jährige nutzen, um endlich „mal richtig entspannt ein Buch zu lesen“. Unterdessen wird Martina Linke ihre Nachfolge als Leiterin der Bibliothek antreten.