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Sprachlehrer Zukunft bleibt ungewiss

88 Verträge von Sprachlehrern in Sachsen-Anhalt wurden verlängert. Darunter der Vertrag der Zerbster Lehrerin Annegret Schulze.

Von Emily Engels 04.01.2017, 00:01

Zerbst l Mit einer Mischung aus Hoffnung und Angst hat Annegret Schulze, Sprachlehrerin für Kinder mit Migrationshintergrund, täglich in ihr E-Mail-Postfach geschaut. Am 7. Dezember kam sie dann an, die Nachricht vom Landesschulamt, auf die sie so lange gewartet hat. „Dort stand, dass mein Vertrag als Sprachlehrerin an der Ciervisti-Schule bis zum 31. Juli verlängert wird.“

Sie war eine von 88 Lehrern in Sachsen-Anhalt, bei denen eine solche befristete Verlängerung genehmigt wurde. Stefan Thurmann, Pressesprecher des Bildungsministeriums, erklärt: „Es wurde jeweils nach den Qualitätsmerkmalen der Lehrer geschaut. Diese wurden dann mit dem Bedarf an den Schulen abgeglichen.“

Die anfängliche Freude von Annegret Schulze, ihre 22 Schüler, die etwa aus Syrien, Afghanistan, Polen, Rumänien oder Thailand kommen, noch bis dahin unterrichten zu dürfen, war groß.

Doch dann der Dämpfer: „Als ich am 19. Dezember zur Vertragsunterzeichnung in Halle war, sagte man mir dort, dass der Vertrag nur bis zum 30. Juni verlängert wird.“ Ein Tippfehler des Amtes, der für Annegret Schulze bedeutet: Ein Monat weniger mit den Schülern und ein Monat eher Ungewissheit über die eigene berufliche Zukunft.

Die Sprachlehrerin macht trotz all der Ungewissheit das Beste draus. „Ich werde jetzt zusehen, dass die Kinder bis zum Sommer das nötige Rüstzeug mitbekommen, um danach am normalen Unterricht erfolgreich teilnehmen zu können“, so Schulze, die elf- bis 17-jährige Schüler unterrichtet.

Größere Sorgen bereiten der Lehrerin die älteren Schüler, die in der 10. Klasse ihre
Abschlussprüfung ablegen müssen. „Ob die es schaffen, bleibt ungewiss“, so die Lehrerin. Was ihr inmitten all der Unklarheit bleibt, ist die Hoffnung, dass ihr Vertrag doch nochmal verlängert wird.

Noch unklarer ist, wie es für die Sprachschüler mit Migrationshintergrund an der Grundschule An der Stadtmauer weitergeht. Denn Matthias Babatz, der letztes Jahr noch als Sprachlehrer an der Schule tätig war, ist weg. „So sehr ich es bedauere, kann ich es ihm nicht übel nehmen“, sagt Schulleiterin Manuela Aretz. Denn der beliebte Lehrer hat eine Festanstellung in einer anderen Schule bei Halle bekommen. Der Vertrag an der Grundschule An der Stadtmauer wäre höchstens bis zum Schuljahresende verlängert worden.

„Die Schüler waren sehr traurig, als sie ihn verabschieden mussten“, bedauert
Aretz. Doch der Verlust bedeutet auch für die Lehrkräfte an der Schule: umstrukturieren, umplanen, sehen, wo man kürzen kann.

„Wir haben eh nur 92 Prozent unserer Unterrichtsversorgung abgedeckt. Ideal wäre 105 Prozent – etwa um auch bei Krankheitsfällen genug Ersatzlehrkräfte zu haben“,
erklärt Aretz. Der Schulleiterin bleibt nichts anderes übrig, als optimistisch zu bleiben. „Wir kriegen das hin, auch wenn es nicht das Nonplusultra ist“, meint sie.

Stefan Thurmann sieht das Ganze von einer anderen Perspektive. „Der Bedarf an Sprachlehrern sinkt extrem“, erklärt er. Der Sprecher des Bildungsministeriums weist darauf hin: „Bevor die riesige Anzahl an Geflüchteten hierher kam, gab es Sprachlehrer in dieser Form noch gar nicht. Da hat es auch funktioniert, Kindern mit Migrationshintergrund im regulären Unterricht zu fördern“, sagt er.

Er fügt hinzu: „Der Bedarf an Sprachlehrern ist bereits gesunken und sinkt weiterhin extrem.“ So logisch die Worte des Pressesprechers klingen – den Sprachschülern und Lehrern helfen sie wenig.

Für die Sprachschüler an der Grundschule An der Stadtmauer heißt es jetzt konkret: Nur noch zwei- statt fünfmal pro Woche Unterricht. „Zwei Lehrkräfte, die auch die präventive Grundversorgung (Anm. d. Red: Förderung von Schülern mit besonderem Lernbedarf) übernehmen, werden jetzt auch als Sprachlehrer fungieren“, so die Schulleiterin über die „Notlösung“.

Und für Sprachlehrer wie Annegret Schulze, die ihr ganzes Herzblut, Engagement und ihre Zeit – auch außerhalb der Arbeitsstunden – in ihren Job stecken, heißt es: Weiter machen und auf das Beste hoffen.