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Tag des Denkmals Zerbster erkunden Geschichte

In Zerbst besuchten Hunderte am Sonntag die Denkmäler der Stadt. Die hatten anlässlich des Tags des offenen Denkmals geöffnet.

Von Thomas Kirchner 13.09.2016, 05:00

Sven Handrich und seine Frau, die Eigentümer der Frauenmühle am Weinberg, die erstmals 1299 in einem Kaufvertrag des naheliegenden Frauenklosters und 1355 erstmals als Klappermühle erwähnt wird, bieten zwei Führungen durch die Mühle am Nachmittag an, die seit 1999 ein Museum ist. Sie erläutern den Besuchern, wie die Jahrhunderte alte Technik funktionierte und noch funktioniert. Carina Voge und Thomas Steuer sind auch zur Führung gekommen. „Uns interessiert die alte Technik. Ist doch faszinierend, wie das alles heute noch funktioniert", staunt Thomas Steuer. „Wir machen einen Sonntagsspaziergang und wollen eine paar Denkmale anschauen", ergänzt Carina Voge.

Um Technik geht es auch im Wasserturm. Der 1894 erbaute, rund 38 Meter hohe und 500 Kubikmeter Wasser fassende Turm wurde bis 1994 genutzt. Heute kümmert sich ein Förderverein um den Erhalt und die Sanierung des weit sichtbaren Turms.

Annika Czepluch, Sandra und Michael Franke lassen sich von der Vorsitzenden des Vereins Sigrun Knäbel die Funktionsweise des Bauwerkes erklären. „Heute kann man sich diese alte Technik kaum vorstellen. Wir drehen den Hahn auf und das Wasser läuft, aber früher", staunen die drei Besucher des Wasserturms.

„Wir sind Schülerinnen der Zerbster Ciervisti-Sekundarschule. Wir haben uns bereit erklärt, hier an der Marienpforte den Besuchern dieses Denkmal zu erklären", erzählen die Zehntklässlerinnen Jil Werner und Madlen Neumann. „Uns macht das Spaß. Es ist besser als zu Hause zu sitzen und man lernt noch etwas über die Geschichte unserer Heimatstadt", so Jil Werner weiter.

„Ich war am Anfang des Schuljahres in der Schule, habe mit Lehrern und Schülern gesprochen und tatsächlich haben sich 20 Schüler freiwillig bereit erklärt, uns am diesjährigen Tag des offenen Denkmals zu unterstützen", sagt das Vorstandsmitglied des Zerbster Heimatvereins Ursula Böttge dankbar.

Paulina Brehmert, staunt indes über das große Modell des Zerbster Schlosses und die toll aussehende, riesige Zarin, die auf dem Pferd sitzend den Raum der Katharina-Sammlung überblicken kann. „Ich finde Prinzessinnen schön, aber ich möchte keine Prinzessin sein und in einem Schloss möchte ich auch nicht wohnen, das ist doch viel zu groß", berichtet die siebenjährige Paulina. Mit ihrer Mama Kathi ist sie in der Stadt unterwegs, um das eine oder andere Spannende in den Denkmalen zu sehen.

Wer Geschichte erleben will und bei den hochsommerlichen Temperaturen eine Rast einlegen muss, der ist in der Kirche St. Trinitatis richtig. Die guten Seelen des Gotteshauses, Helga Krause und Margrit Eiserbeck, bewirten ihre Besucher mit Kaffee und Kuchen. „Etwas mehr als 100 Besucher, davon 20 Kinder, haben die Trinitatiskirche schon besucht", sagte Helga Krause. Die Besucher seien dabei nicht nur aus Zerbst gekommen. „Aus Köthen, Halle, Aken und sogar aus Goslar hatten wir Gäste", ergänzt Margrit Eiserbeck. „Und alle haben viele Fragen und sind sehr interessiert", fügte sie an.

Im Francisceum begrüßen Persönlichkeiten und Hochwohlgeborene die Denkmal-Pilger. Schüler des Gymnasiums haben historische Kostüme übergestreift und erklären beispielsweise als Fürsten oder Herzoge die Geschichte ihres Schulgebäudes. Lukas Segbers, Gottlieb Stier (Lisa Ziemer), Elise von der Recke (Carolien van Ginkel), Herzog August von Weimar (Jiska Heil), Fürst Franz von Anhalt- Dessau (Nils Benkewitz), Luise von Anhalt-Dessau (Emma Leps) und Bruder Andreas (Andrea Lützendorf) empfangen die Besucher des ehemaligen Klosters.

Robert Walk und Regina Gensicke aus Zerbst haben Besuch aus Schönebeck. Rosi Förster ist extra wegen des Tages des offenen Denkmals nach Zerbst gekommen. In der Kirche St. Bartholomäi bestaunen sie das Gemälde „Die Taufe Christi im Jordan" aus der Schule Cranachs. „Das Schloss wollen wir noch ansehen und dann mal schauen, was wir noch so schaffen, es gibt ja jede Menge zu sehen", erzählt Robert Walk.

In die einst größte Hallenkirche Anhalts, die Nikolaikirche, kommen mehr als 170 Besucher. „Wir haben teilweise einen regelrechten Ansturm erlebt", schildert der ehemalige Museums-Chef Heinz-Jürgen Friedrich, der das Gotteshaus nachmittags am Denkmaltag betreut. „Wir haben hier Besucher von überall her und alle sind sehr interessiert", freut sich Friedrich. „Es hat aber auch einige Irritationen gegeben, besonders von ortsfremden Gästen. Es liegen Prospekte aus, wo nur einige wenige offene Denkmale aufgelistet sind. Vielleicht sollte man für das kommende Jahr einen einheitlichen offiziellen Flyer oder Lageplan der teilnehmenden Objekte erstellen und diesen dann auch in allen offenen Denkmalen zum Mitnehmen auslegen", regt Friedrich an.

Vom größten Gotteshaus geht es zur wohl kleinsten historischen Kirche, der Kirche St. Marien im Ankuhn. Auch hier können sich die Besucher davon überzeugen, das in den vergangenen Jahren viel für die Sicherung und die Teilsanierung der 1945 stark zerstörten Kirche getan wurde. Zuletzt wurden die brüchigen Mauerkronen befestigt und die knapp neun Meter hohe Feldsteinfassade innen sowie außen saniert.

Marion Herrmann und Gerald Sinast wollen das einzig noch vollständig erhaltene Stadttor erkunden. „Wir interessieren uns sehr für die Geschichte von Zerbst. Hier im Heidetor wollen wir mal einen Rundblick über die Stadt genießen", begründen sie, warum sie zum Heidetor gekommen sind. Wann könne man dieses schon einmal von innen besichtigen, schob Marion Herrmann nach. 

„Wir haben mehr als 140 Besucher gezählt, darunter Familien mit Kindern und die hatten jede Menge Fragen", freuen sich die Damen vom Zerbster Heimatverein, die am historischen Stadttor die Besucher begrüßen.

Sie erzählen auch, dass sie etwas traurig sind. Schließlich können sie den Kiekinpott in diesem Jahr nicht mehr öffnen. „Der ist so von Taubenkot verschmutzt, dass wir keine Möglichkeit gesehen haben, den alten Turm der Stadtmauer für Gäste zugänglich zu machen", berichtet eine der Damen. „Da müssen bald Maßnahmen zur Abwehr getroffen werden, sonst wird das immer schlimmer", erklären die Frauen die Schließung und den Zustand des Kiekinpott.

In jedem Jahr findet am zweiten Sonnabend im September der Denkmaltag statt. Ziel des Tags des offenen Denkmals ist es, die Öffentlichkeit für die Bedeutung des kulturellen Erbes zu sensibilisieren und Interesse für die Belange der Denkmalpflege zu wecken.

Die Anfänge des Tages liegen in Frankreich, dort wurde 1984 der erste Vorläufer ins Leben gerufen. 1993 findet der erste Tag des Denkmals in Deutschland statt.